Small Modular Reactors – Sicherung und IT-Sicherheit müssen rechtzeitig mitgedacht werden
Bei neuen Entwicklungen in der Kerntechnik spielen Small Modular Reactors (SMR) eine wesentliche Rolle. Unter dem Begriff werden eine Vielzahl unterschiedlicher Reaktorkonzepte zusammengefasst, die in der Regel auf eine elektrische Leistung von höchstens 300 MW ausgelegt sind. Kleinere Leichtwasserreaktoren gibt es zwar schon seit den 1970er-Jahren; allerdings werden für die Entwicklung von SMR sowohl bestehende Reaktorkonzepte weiterentwickelt als auch neuartige entworfen (eine ausführlichere Beschreibung von SMR und verschiedenen Konzepten findet sich hier). Die Entwickler versprechen sich von den Reaktoren im Kleinformat neben ökonomischen auch sicherheitstechnische Vorteile – beispielsweise durch die Verwendung alternativer Kühlmittel und passiver Sicherheitssysteme.
SMR-Konzepte in ganz unterschiedlichen Entwicklungsstadien
Derzeit in der Fachwelt diskutierte SMR-Konzepte befinden sich in sehr unterschiedlichen Stadien der Entwicklung. Während ein Großteil bislang lediglich als Konzeptstudie auf dem Papier existiert, wurden auch schon SMR-Konzepte von einzelnen Aufsichtsbehörden hinsichtlich ihrer sicherheitstechnischen Auslegung zertifiziert oder Verträge für den Bau solcher Anlagen unterzeichnet – beispielsweise in den USA, Großbritannien, Rumänien oder Polen. Vereinzelt sind SMR, sogar schon im Bau bzw. im Betrieb, wie zum Beispiel auf der russischen Akademik Lomonossow.
Während sicherheitstechnische Aspekte bei der Entwicklung und auch in den Genehmigungsprozessen von SMR-Konzepten eine wesentliche Rolle spielen, so bleiben Fragestellungen zum erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD) oftmals noch unberücksichtigt.
Das liegt vor allem daran, dass Maßnahmen gegen SEWD auf die grundlegende Funktionsweise zunächst einmal keinen Einfluss haben. Aspekte der Sicherung und der IT-Sicherheit müssen jedoch genau wie bei konventionellen Kernkraftwerken auch bei SMR rechtzeitig mitgedacht und im Konzept berücksichtigt werden.
Welche Anforderungen und Aspekte zur Sicherung und IT-Sicherheit von SMR gibt es?
In einem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geförderten Forschungsprojekt gehen Forscherinnen und Forscher der GRS solchen Fragestellungen nach. Konkret analysieren sie bestehende Anforderungen und identifizieren jene Aspekte, die für die Sicherung und die IT-Sicherheit von SMR eine Rolle spielen. Solche Anforderungen und Aspekte wurden in der GRS bislang nicht systematisch verfolgt und ausgewertet. Daher gilt es zunächst, diese einerseits zusammenzutragen und aufzubereiten und andererseits Anforderungen und Konzepte bezüglich des Schutzes vor SEWD von bereits betriebenen kerntechnischen Anlagen auf SMR, soweit das möglich ist, zu übertragen.
Für eine systematische Beschreibung und Bewertung der diversen SMR-Konzepte werden zu Beginn des Projekts deren charakteristische Eigenschaften herausgearbeitet; das können beispielsweise Einsatzort und -art des SMR, die Sicherungsebenen um den Kernbrennstoff oder Art und Umfang der eingesetzten Leittechnik sein. Anhand dieser Eigenschaften wird anschließend ein Abgleich mit Sicherungsanforderungen aus Sicht der Sicherung und der IT-Sicherheit durchgeführt.
Stärken und Schwächen der neuen Reaktortechnologie erkennen
In einem weiteren Schritt wird bewertet, ob standardisierte/bewährte Sicherungsmaßnahmen angewandt werden können beziehungsweise ob Herausforderungen oder offene Fragestellungen bei der Sicherung und der IT-Sicherheit von SMR bestehen. Für letztere wollen die Forschenden Ansätze für alternativ anzuwendende Sicherungsmaßnahmen erarbeiten.
„Insgesamt will die GRS ihr Fachwissen auf dem Gebiet der Sicherung sowie der IT-Sicherheit von SMR vertiefen und die Expertise der GRS in diesem Bereich weiter ausbauen“, sagt Dr. Jan Peter Schupsky, der das Projekt fachlich begleitet. „Nukleare Sicherheit ist eine grenzüberschreitende Aufgabe – deshalb ist es wichtig, auf dem aktuellen Stand zu sein und die Stärken, aber auch die Schwächen neuer Reaktortechnologien zu kennen. Gegenüber der Sicherheit werden die Sicherung und die IT-Sicherheit leider oftmals nur nachrangig betrachtet. Das wollen wir mit diesem Vorhaben ändern.“
Projekt-Highlights Sicherung
Am 4. August 2020 ereignete sich im Hafen von Beirut eine Explosion verheerenden Ausmaßes, deren Ursache die ungesicherte Lagerung von Chemikalien war. Nachdem Deutschland den Libanon bereits bei der Entsorgung von Chemikalien im Nachgang zu dieser Explosion unterstützt hatte, traten die libanesischen Behörden zusätzlich mit der Bitte um Unterstützung bei der Bergung und sicheren Lagerung von radioaktiven Abfällen an Deutschland heran. Im Rahmen eines vom Bundesumweltministerium (BMUV) geförderten Kooperationsprojekts werden die verantwortlichen libanesischen Stellen von Fachleuten aus dem BMUV und einem interdisziplinären GRS-Team aus den Fachabteilungen Strahlenschutz und Sicherung unterstützt.