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Das Kernkraftwerk Grohnde

Brokdorf, Grohnde, Gundremmingen C – eine kurze Bilanz

Am 31.12. stellen drei der letzten sechs deutschen Reaktorblöcke den Leistungsbetrieb ein: Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C. Brokdorf lieferte seit Dezember 1986 Strom ins Netz, Grohnde und Gundremmingen C bereits seit Anfang 1985 – zusammen kommen die Reaktorblöcke also auf eine Betriebsdauer von über hundert Jahren. Die letzten drei Blöcke (Isar 2, Emsland und Neckarwestheim II) werden am 31.12.2022 abgeschaltet.

In den letzten Jahren haben die drei Reaktorblöcke jährlich zusammen etwa 32 TWh Strom produziert – das sind etwa 5,6 % des insgesamt jährlich in Deutschland produzierten Stroms. Über den gesamten Betrieb wurden von den drei Anlagen insgesamt etwa 1.150 TWh in das Netz eingespeist. Die Betreiber machen geltend, dass dadurch jährlich knapp 30 Mio. t an CO2 eingespart würden, die ansonsten bei einer Erzeugung derselben Strommenge durch nicht-erneuerbare Energien anfielen. Das Kernkraftwerk (KKW) Grohnde hält den Weltrekord für die größte Strommenge, die eine solche Anlage erzeugt hat: Es ist bisher das einzige KKW in der Welt, das mehr als 400 TWh produziert hat. Mit dieser Strommenge könnte man ganz Deutschland etwa 9 Monate mit Strom versorgen.

Meldepflichtige Ereignisse

Bei den drei Reaktorblöcken, die Ende 2021 den Leistungsbetrieb einstellen, kam es im Laufe der Jahre zu rund 700 meldepflichtigen Ereignissen. Dabei handelte es sich jedoch überwiegend um „Ereignisse ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung“, die unterhalb der siebenstufigen Internationalen Bewertungsskala für nukleare und radiologische Ereignisse (INES) liegen. Zu einer Störung, die als unterste Stufe 1 auf der INES-Skala angesiedelt ist, kam es insgesamt viermal.*

Im Auftrag der Bundesregierung wertet die GRS meldepflichtige Ereignisse in deutschen und ausländischen KKW aus und trägt mit den Erkenntnissen aus diesen Ereignissen zur Sicherheit von kerntechnischen Anlagen im In- und Ausland bei. Die Ereignisse werden dabei nicht nur aus technischer Sicht betrachtet – auch Aspekte wie menschliche Fehlerquellen, Zusammenspiel von Mensch und Maschine und die Organisationsstruktur werden mit einbezogen.

Kommt die GRS zu dem Schluss, dass sich aus einem meldepflichtigen Ereignis Erkenntnisse für einen sichereren Kraftwerksbetrieb ableiten lassen, übermittelt sie diese in Form einer sogenannten Weiterleitungsnachricht an das Bundesumweltministerium. Aus den meldepflichtigen Ereignissen der drei Anlagen leitete die GRS insgesamt 69 Weiterleitungsnachrichten und etwa 250 Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit ab.

Radioaktive Ableitungen und Abfälle

Im Rahmen des Betriebs dürfen KKW bestimmte Mengen radioaktiver Stoffe flüssig, aerosolgebunden oder gasförmig an die Umwelt abgeben, beispielsweise Tritium oder das radioaktive Edelgas Xenon. Dabei dürfen pro Jahr maximal solche Aktivitätsmengen abgeleitet werden, dass ein Mensch dadurch einer Strahlenbelastung von 0,3 Millisievert (mSv) je Expositionspfad (Luft und Wasser) ausgesetzt wäre. Die Umrechnung der zulässigen Strahlenbelastung in Nuklidmengen erfolgt sehr konservativ: Unterstellt wird, dass sich eine Person das ganze Jahr über am Anlagenzaun aufhält und sich von Wasser und Lebensmitteln aus der unmittelbaren Nähe der Anlage ernährt.

In den drei am 31.12.2021 abzuschaltenden KKW-Blöcken wurden die Grenzwerte für die Ableitungen zudem meist deutlich unterschritten. So lag die durchschnittliche jährliche Strahlenbelastung durch Ableitungen dieser KKW bei 0,01 mSv pro Person. Das ist der ungefähr 400. Teil der rund 4 mSv pro Jahr, der ein Mensch durchschnittlich in Deutschland ausgesetzt ist – beispielsweise durch medizinische Anwendungen oder durch die natürliche Strahlung.

Neben radioaktiver Strahlung fällt beim KKW-Betrieb auch radioaktiver Abfall an; man unterscheidet dabei zwischen schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfällen.

Bei den schwach- und mittelradioaktiven Abfällen handelt es sich beispielsweise um kontaminierte Werkzeuge, Schutzkleidung oder Filter. Den Großteil des Volumens dieser Abfälle machen allerdings die ausgedienten Anlagenteile aus, die in den nächsten Jahrzehnten beim Rückbau anfallen. Diese Abfälle werden vorläufig in der Nähe der KKW-Standorte in Lagern der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) gelagert, bis sie im Schacht Konrad endgelagert werden – das Abfallaufkommen wird sich auf rund 10.000 m3 pro KKW belaufen.

Zu den hochradioaktiven Abfällen zählen insbesondere abgebrannte Brennelemente sowie Abfälle aus der Wiederaufarbeitung. In den Reaktorblöcken Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C sind insgesamt knapp 10.000 Brennelemente zum Einsatz gekommen, was etwas weniger als 3.000 t Schwermetall bzw. über 300 beladenen Castorbehältern entspricht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Brennelemente in die Wiederaufarbeitung nach Frankreich und Großbritannien gegeben wurde; aus dieser Aufarbeitung wurden verglaste hochradioaktive Abfälle in Form von Kokillen ebenfalls in Castoren nach Deutschland zurückgeführt.

Auch diese Abfälle müssen zunächst in den Zwischenlagern der BGZ verwahrt werden, bis ein Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle in Deutschland errichtet und einsatzbereit ist. Die Suche nach einem Endlagerstandort hat gerade erst begonnen, die ersten Abfälle werden erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts eingelagert werden, sodass wohl auch nach dem Rückbau der KKW (ca. 10 bis 20 Jahre) noch radioaktive Abfälle an den Standorten zwischengelagert werden müssen.

 

*Redaktioneller Hinweis: In einer ersten Version dieses Artikels vom 27.12.2021 war von lediglich einem INES-1-Ereignis die Rede. Der Fehler wurde am 30.12.2021 korrigiert.