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Karlsruher Nuklidkarte
Endlagerung

Einsatzgebiet Endlagerforschung: Open-Source-Code Radi berechnet Zerfallsketten radioaktiver Stoffe

Endlagerforschende zeichnen mit Simulationsprogrammen ein Bild der Zukunft eines Endlagersystems. Wie präzise und realitätsnah die Prognose ist, hängt ganz wesentlich von den verwendeten Eingabedaten für die Berechnungen ab. Der von der GRS entwickelte Simulationscode Radi berechnet die Zerfallsketten der radioaktiven Stoffe aus den eingelagerten Abfällen. Er beantwortet die Frage, wie viel 'Radioaktivität' nach einem bestimmten Zeitraum noch vorhanden ist und stellt somit die Grundlage für weitere Simulationen dar.

Radioaktive Abfälle sollen in einem Endlager für mindestens 1 Million Jahre von der Umwelt isoliert werden. Die geologische Formation stellt dabei die wichtigste natürliche Barriere gegen ein Austreten der radioaktiven Stoffe dar.

Diese natürliche Barriere muss durch ein passendes Baukonzept und Behälterdesign ergänzt werden und den chemischen und mechanischen Belastungen vor Ort standhalten. Für die Genehmigung eines Endlagers muss belegbar nachgewiesen werden, dass die Sicherheit und Robustheit von Standort, Endlager, Behältern und Abfällen auch tatsächlich gegeben ist. 

Um Aussagen darüber treffen zu können, ob, wie und wie viele Radionuklide über den Zeitraum von einer Million Jahre das Endlager verlassen könnten, kommen sogenannte Stofftransportmodelle zum Einsatz. Wissen über den Zerfall der einzelnen Radionuklide ist eine wesentliche Voraussetzung für eine realistische Berechnung dieser Modelle. 

Während manche Radionuklide bereits nach wenigen Sekunden in ein stabiles Nuklid zerfallen, benötigen andere Stoffe hierfür Millionen von Jahren. Gleichzeitig weisen einige Radionuklide eine komplexe Zerfallskette über viele weitere Radionuklide auf, bevor ein stabiles Nuklid erreicht wird. Vor allem die langlebigen Radionuklide sind für die Beurteilung der Sicherheit eines Endlagers von Bedeutung, unter anderem da durch ihren Zerfall ständig neue, kurzlebigere Nuklide nachgebildet werden.

Radi berechnet Zerfallsketten von rund 3.800 Radionukliden

Die GRS hat mit Radi im Auftrag der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ein Open-Source-Rechenprogramm entwickelt, das diese komplexen Zerfallsketten simuliert. Radi berechnet den Zerfall für rund 3.800 Radionuklide, von denen vor allem rund 40 für die Endlagerung relevant sind – darunter beispielsweise Plutonium-239, Technetium-99 und Selen-79. 

Screenshot der Weboberfläche des Open-Source-Endlagercodes Radi
© GRS
Screenshot der Weboberfläche des Open-Source-Endlagercodes Radi

Die Radionuklide und die berechnete Zeitspanne können vom Nutzenden je nach Anwendungsfall frei ausgewählt werden. Zu allen berechenbaren Nukliden sind in Radi die wichtigsten Informationen hinterlegt (z.B. Halbwertszeit, Zerfallsenergie, Zerfallsprodukte). Zusätzlich sollen sowohl Forschende als auch interessierte Bürgerinnen und Bürger zukünftig über eine frei zugängliche interaktive Webanwendung auf die Funktionen von Radi zugreifen können.

Innerhalb der Stofftransportmodelle berechnet Radi die Nuklide für den gesamten Einlagerungsbereich im Endlager. Dafür wird das Gebiet in eine große Anzahl einzelner Zellen aufgeteilt. Als Ergebnis fallen deshalb große Rechenmengen an, die mit Radi effizient verarbeitet werden können.

Über die Endlageranalysen hinaus soll Radi auch eingesetzt werden, um die damit verbundenen Aufgaben – wie beispielweise die Entwicklung von Endlagerbehältern – zu unterstützen.

Ergebnis zur Suchanfrage zur Zerfallskette von Uran-235 in Form einer Nuklidkarte. Auf der X-Achse ist die Anzahl der Neutronen (N) verzeichnet; auf der Y-Achse findet sich der zeitliche Verlauf (Z)
© GRS
Ergebnis zur Suchanfrage zur Zerfallskette von Uran-235 in Form einer Nuklidkarte. Auf der X-Achse ist die Anzahl der Neutronen(N) verzeichnet; auf der Y-Achse findet sich der zeitliche Verlauf (Z)

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Rettungs- und Servicestollen des Autobahntunnels Mont Terri (A16)
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Im Forschungsprojekt ANSICHT wurde 2014 mithilfe von generischen geologischen Standortmodellen und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen ein Methodenentwurf für den Sicherheitsnachweis eines deutschen Endlagers für hochradioaktive Abfälle im Tongestein erarbeitet. Dieser konnte seinerzeit jedoch noch nicht vollständig erprobt werden. Daher wurden im nun abgeschlossenen Nachfolgeprojekt ANSICHT-II darauf aufbauend langzeitsicherheitsanalytische Rechnungen zur Prüfung des sicheren Einschlusses von Radionukliden im einschlusswirksamen Gebirgsbereich (ewG) im Tongestein für die beiden in ANSICHT untersuchten Endlagerstandortmodelle durchgeführt.

Endlagerung
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Bei der Bewertung von Endlagersystemen in Kristallingestein ist die mögliche Klüftung des Gesteins eine anspruchsvolle Variable. Im Forschungsprojekt CHRISTA-II haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der GRS Modellierungen für ein solches System entwickelt und untersucht, welchen Einfluss verschiedene Parameter auf den unterirdischen Schadstofftransport im Laufe von Jahrtausenden haben können.

Endlagerung
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Das Programmpaket RepoTREND wird von der GRS entwickelt, um es als leistungsfähiges Werkzeug zur Analyse der Langzeitsicherheit von Endlagern für radioaktive Abfälle einzusetzen.

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