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Prozesstechnik-Konzept für künstliche neuronale Netze
Stilllegung und Rückbau

KI-Technologien für einen effizienteren Rückbau von Kernkraftwerken

Fachleute der GRS arbeiten mit Verbundpartnern in einem durch das Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt daran, das Wissens- und Projektmanagement im Bereich Rückbau- und Genehmigungswesen zu verbessern und die Prozessführung mit praxisnahen Lösungen auf heutige Gegebenheiten anzupassen. Konkret werden eine hybride Lernplattform mit Virtual- und Augmented-Reality-Elementen für die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal, eine KI-basiertes System für ein rückbauspezifisches Wissensmanagement und eine digitale Plattform für Genehmigungsprozesse entwickelt.

Mit der Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke rückt die Stilllegung dieser Anlagen stärker in den Mittelpunkt. Doch der drohende Fachkräftemangel stellt die Branche vor große Herausforderungen. Als problematischer Faktor aus anderen Wirtschaftszweigen bekannt, betrifft er die kerntechnische Branche in Deutschland besonders – nicht zuletzt wegen des Ausstiegs aus der Technologie. Dementsprechend ist es sinnvoll, den heute vorhandenen Wissensschatz für die nächste Generation der Rückbau-Fachkräfte verfügbar und leicht zugänglich zu machen. Fachleute der GRS arbeiten daher mit ihren Verbundpartnern (actimondo eG (Koordinator), Dornier Nuclear Services, Advanced Nuclear Fuels, dem Forschungszentrum Jülich, FIR e. V. an der RWTH Aachen sowie der Lehrstuhl für Bildungstechnologie der TU Dresden) in einem durch das Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt mit drei Arbeitspaketen daran, das Wissens- und Projektmanagement im Bereich Rückbau- und Genehmigungswesen zu verbessern und die Prozessführung mit praxisnahen Lösungen auf heutige Gegebenheiten anzupassen.

Hybride Lernplattform mit VR- und AR-Elementen

Im ersten Arbeitspaket geht es vor allem darum, Quer- und Neueinsteiger besser und effizienter zu qualifizieren – und das über die gesamte Branche hinweg, also für Unternehmen, Behörden und sonstige Organisationen. Dazu wird eine hybride Lernplattform entwickelt, die Präsenzveranstaltungen mit modernen Lernformaten wie E-Learning-Videos, Podcasts oder Animationsfilmen kombiniert. Hierbei sollen auch Trainingskonzepte mit Virtual- und Augmented-Reality (VR und AR) zum Einsatz kommen. Durch die zentrale Lernplattform sollen die diversen Bildungsmöglichkeiten, die im Bereich Rückbau kerntechnischer Anlagen existieren, gebündelt und besser verfügbar gemacht werden.

KI-basiertes Wissensmanagement

In einem weiteren Arbeitspaket entwickeln die Fachleute eine KI-Anwendung, mithilfe derer sich der Wissensschatz – sprich die nationale und teilweise auch internationale Fachliteratur zum Thema Rückbau – gezielt durchsuchen und leichter zugänglich machen lässt. Die Grundlage dieser KI wird ein sogenanntes Large Language Model (LLM) sein, wie es auch bei den großen bekannten kommerziellen Chatbots wie Chat GPT oder Microsofts Co-Pilot der Fall ist. Anders als bei den genannten Chatbots dient bei der KI, die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelt werden soll, zum einen nicht das gesamte Internet als Wissensschatz, sondern die oben erwähnte Fachliteratur; zum anderen dient dieser Wissensschatz nicht dazu, ein LLM zu trainieren, wie es bei den genannten Chatbots der Fall ist – die Fachliteratur wird stattdessen von der GRS dahingehend aufbereitet, dass sie vom LLM, welches der KI zugrunde liegt, verarbeitet werden kann. Dazu bedienen sich die Forschenden verschiedener Techniken, beispielsweise der sogenannten Retrieval Augmented Generation. Hierbei werden einem bereits existierenden LLM, das auf Grundlage eines beliebigen großen Datensatzes trainiert wurde, neue externe Daten zur Verfügung gestellt, die es berücksichtigen soll – hier die Fachliteratur zum Rückbau.

Digitale Plattform für Genehmigungsprozesse

In einem dritten Arbeitspaket wird eine neue digitale Plattform für das Genehmigungsmanagement entwickelt. Ziel ist es, Genehmigungsprozesse für Stilllegungsarbeiten zukünftig transparenter und effizienter zu gestalten. Mit der zunehmenden Digitalisierung der einzelnen Prozesse ist auch die Gewährleistung der Sicherheit nicht unerheblich, beispielsweise um eine revisionssichere Übermittlung von Verfahrensunterlagen zu garantieren. Als technische Grundlage für die neue Plattform soll die Blockchain-Technologie dienen, die in den letzten Jahren insbesondere durch ihren Einsatz bei verschiedenen Kryptowährungen bekannt geworden ist. Mithilfe des neuen Systems sollen beispielsweise Fachleute aus der Industrie genau verfolgen können, in welchem Bearbeitungsstatus sich ihre jeweiligen Rückbauanträge befinden.

Das Forschungsprojekt läuft bis Juni 2027. Die Förderung für das Vorhaben stammt aus dem Förderkonzept „Forka – Forschung für den Rückbau kerntechnischer Anlagen“.

Project highlights Stilllegung und Rückbau

GRS-Projektleiter Matthias Dewald am Detektor der AMS-Anlage der Kölner Universität. Hier werden die gesuchten Radionuklide gezählt, nachdem sie durch zwei Massenspektrometer und einen Beschleuniger von den übrigen Ionen aus der Probe getrennt wurden (Quelle: GRS)
Radioaktive Abfälle mit Beschleuniger-Massenspektrometrie bestimmen
2019 - 2022

Das Mineral Graphit wird in manchen Reaktortypen verwendet und kann durch Neutronenstrahlung aktiviert, also in radioaktive Isotope umgewandelt werden. Um eine geeignete Entsorgungsoption auszuwählen, muss der Graphit radiologisch gründlich untersucht werden. Viele Messmethoden sind jedoch verhältnismäßig aufwändig und produzieren wiederum selbst neue radioaktive Abfälle. Ein Forscherteam der GRS und der Uni Köln entwickelt daher eine Methode, mit der Reaktorgraphit schnell und zuverlässig charakterisiert werden kann.

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