Endlagerung: Forschende erarbeiten wissenschaftliche Grundlagen für Abwägung geologisch geeigneter Standorte

Deutschland sucht einen Standort für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Nach dem Standortauswahlgesetz soll dazu in einem vergleichenden Verfahren der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit gefunden werden. Aber wie lassen sich die Vorgaben des Gesetzes in konkrete wissenschaftliche Anforderungen umwandeln? Gemeinsam mit anderen Institutionen präsentieren Forschende der GRS dafür jetzt einen ersten Ansatz.

Im Standortauswahlgesetz (StandAG) ist festgeschrieben, wie die Suche nach einem Standort für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle ablaufen soll. Es sind insgesamt drei Phasen vorgesehen.

Aktuell findet die erste Phase statt, in der mögliche Standortregionen ausgewählt werden. Zunächst werden dabei alle Gebiete ausgeschlossen, für die eines der im Gesetz beschriebenen Ausschlusskriterien zutrifft oder die nicht alle Mindestanforderungen erfüllen. Anschließend wird bewertet, welche der übrig gebliebenen Gebiete eine günstige geologische Gesamtsituation für die Endlagerung erwarten lassen. Dabei kommen sogenannte geowissenschaftliche Abwägungskriterien zum Einsatz. Welche Gebiete dabei in die engere Auswahl gekommen sind, plant die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) der Öffentlichkeit im Herbst 2020 vorzustellen. Die ausgewählten Gebiete werden dann einer repräsentativen vorläufigen Sicherheitsanalyse unterzogen. Nochmalig werden die geowissenschaftlichen Kriterien jetzt auf die noch verbleibenden Standortregionen angewendet. Die Regionen, die nach diesem Prozess übrigbleiben, werden in der zweiten Phase schließlich übertägig erkundet. In der dritten und letzten Phase soll schließlich die untertägige Erkundung der in Frage kommenden Standorte stattfinden.

Während des gesamten Standortauswahlverfahrens, dessen Träger das Bundesamt für die Sicherheit in der nuklearen Entsorgung (BASE) ist, ist die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Der Auftrag des BASE ist es unter anderem, die Öffentlichkeit umfassend und systematisch zu informieren, die Vorschläge der BGE zu veröffentlichen, zu prüfen und hierzu begründete Empfehlungen zu erarbeiten und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zu übermitteln. Die Entscheidungen zum Abschluss der einzelnen Phasen des Standortauswahlverfahrens werden schließlich durch ein Bundesgesetz bestimmt.

Welcher Standort ist der „bestmögliche“?

Im Standortauswahlprozess wird es notwendig sein, unterschiedliche Teilgebiete, Standortregionen beziehungsweise Standorte, zunächst hinsichtlich ihrer prinzipiellen Eignung zu bewerten und später auch miteinander zu vergleichen. Im Ergebnis soll letztlich anhand bestimmter Kriterien abgewägt werden, welcher Standort die bestmögliche Sicherheit bietet. Es kann dabei durchaus auch zu einem Vergleich von Standorten in unterschiedlichen Wirtsgesteinen kommen. Grundsätzlich kommen laut Gesetz die Gesteinsformationen Salz-, Ton- oder Kristallingestein als mögliche Wirtsgesteine in Frage.

BGE beauftragt Forschende mit Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen

Das Standortauswahlgesetz gibt den Fahrplan und die Leitplanken für die Endlagersuche vor. Forschende der GRS, der BGE TECHNOLOGY GmbH sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) entwickeln aktuell im Forschungsvorhaben RESUS die wissenschaftlichen Grundlagen für die Anwendung von Abwägungskriterien und die geplanten vorläufigen Sicherheitsanalysen, die für die Teilgebiete durchgeführt werden sollen. Auftraggeber des Vorhabens ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), zu deren Aufgaben auch die Suche nach dem Endlagerstandort gehört.

Wirtsgestein trifft auf Endlagerkonzept

Eines der wichtigsten Merkmale für die Sicherheit eines Endlagers ist, dass die eingelagerten radioaktiven Stoffe nachweisbar sicher und dauerhaft eingeschlossen sind und nicht in die Biosphäre gelangen. Für RESUS haben die Forscherinnen und Forscher wesentliche Grundlagen für Sicherheitsuntersuchungen für Endlager in den im StandAG festgelegten Wirtsgesteinen erstellt.

Die Wirtsgesteine unterscheiden sich in ihren Eigenschaften, ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen für die Endlagerung und müssen immer in ihrer geologischen Gesamtsituation betrachtet werden. Dabei spielen die überlagernden geologischen Schichten genauso eine Rolle wie umgebende Gesteinsschichten, die eventuell Grundwasser leiten.

Aber auch das technische Konzept ist für die Sicherheit des Endlagers wichtig. Es ist immer an die Geologie eines Standorts angepasst und umfasst beispielsweise die Art der Behälter und deren Lagerung oder die Verfüllung von Wegstrecken und anderen Hohlräumen.

Feedback: Forschungsergebnisse stehen zum öffentlichen Review

Die Forschenden haben bislang Entwürfe für 11 Forschungsberichte erstellt, in denen sie ihre wissenschaftlichen Ergebnisse zusammengetragen haben (Möglichkeit zum Download siehe unten). Forschungsgemeinschaft und Öffentlichkeit sollen auf diesem Wege Zugang zu den erarbeiteten Inhalten bekommen und die Möglichkeit haben, Feedback abzugeben.

„Die Auswahl des Standortes für das Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland mit der bestmöglichen Sicherheit betrifft uns alle. Wir als Forschende haben – bedingt durch unseren individuellen Ausbildungsweg, unsere berufliche Laufbahn – immer nur eine Teilansicht der Welt im Blick. Wir möchten deshalb alle Forschenden unseres Fachgebiets, genauso aber auch alle anderen Interessierten dazu aufrufen und ermutigen, uns ein Feedback zu unserer Arbeit zu geben, welches bei der Erstellung der finalen Berichtsfassungen berücksichtigt wird. Die neuen Verordnungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu den sicherheits­technischen Anforderungen an die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle nach § 26 Abs. 3 StandAG sowie zu den Anforderungen an die Durchführung der vorläufigen Sicherheits­untersuchungen im Standortauswahlverfahren nach § 27 Abs. 6 StandAG werden dann ebenfalls berücksichtigt. Die finalen Berichtsfassungen werden im Sommer 2020 veröffentlicht“, so Dr. Jörg Mönig, Projektleiter von RESUS.

Ihr Feedback zu RESUS können Sie per E-Mail direkt an die GRS senden.

Forschungsberichte aus dem Projekt RESUS

Auf einen Blick

Name des Vorhabens: „Grundlagenentwicklung für repräsentative vorläufige Sicherheitsuntersuchungen und zur sicherheitsgerichteten Abwägung von Teilgebieten mit besonders günstigen geologischen Voraussetzungen für die sichere Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle“ (RESUS)

Laufzeit: 2018–2020

Auftraggeber: Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)

Projektpartner: GRS, BGE TECHNOLOGY GmbH, BGR