TORT-TD: Berechnung zeitabhängiger Neutronentransportgleichung für 2D/3D-Transienten
Die GRS hat den zeitabhängige 3D-Weniggruppen-Neutronentransportcode TORT-TD zur hochaufgelösten Simulation entwickelt von z.B.
- Leichtwasserreaktoren (DWR, SWR)
- gasgekühlten Hochtemperaturreaktoren (V/HTR) vom Kugelhaufentyp
- beschleunigergetriebenen unterkritischen Systemen (ADS)
Koppelung mit anderen Rechencodes
Für thermohydraulische Rückwirkungen ist TORT-TD mit dem Systemcode ATHLET, dem Unterkanalcode CTF (Weiterentwicklung von COBRA-TF) und dem 3D-Porous-Medium-Code ATTICA3D gekoppelt. Während die Codesysteme TORT-TD/ATHLET und insbesondere TORT-TD/CTF für hochaufgelöste Simulationen lokaler Phänomene in Leichtwasserreaktoren (LWR) entwickelt wurden, zielt TORT-TD/ATTICA3D auf die 3D-Analyse gasgekühlter Hochtemperaturreaktoren vom Kugelhaufentyp ab. Zudem kann TORT-TD zur Simulation von Forschungsreaktoren und unterkritischen Systemen eingesetzt werden, die von externen Neutronenquellen getrieben werden.
Funktionen von TORT-TD
Die Funktionen von TORT-TD umfassen:
- direkte Lösung der zeitabhängigen 3D-SN-Transportgleichung für kartesische und zylindrische Geometrie unter Verwendung unbedingt stabiler impliziter Zeitintegration
- beliebige Anzahl von prompten und verzögerten Neutronenvorläufergruppen, beliebige Legendre-Streuung (Pl) und SN-Quadraturordnung
- voll integrierter 3D-Feinmaschen-Diffusionslöser mit mehreren Gruppen für schnell laufende Berechnungen oder Vorkonditionierung nachfolgender Transportberechnungen oder zukünftige kombinierte Transport-Diffusionsanalysen
- Bewegungen einzelner Steuerstäbe oder Steuerstabbänke
- Verarbeitung tabellierter Wirkungsquerschnittsbibliotheken für bis zu sechs Rückwirkungsparameter mit linearer oder kubischer Spline-Polynominterpolation
- generalisierte Äquivalenztheorie (GET) auf Stabzellniveau zur Reduzierung von LWR-Homogenisierungsfehlern
- Behandlung zeitabhängiger anisotroper externer Neutronenquellverteilungen
- Leckage- und Buckling-Berechnung über größere räumliche Bereiche, z.B. Spektralzonen
- Berechnung der Xenon-/Jod-Dynamik als Voraussetzung für betriebliche Transienten
- Zerfallsleistungsberechnung nach DIN 25485 „Berechnung der Nachzerfallsleistung der Kernbrennstoffe von Hochtemperaturreaktoren mit kugelförmigen Brennelementen“
- grafischer Prä- und Postprozessor zur Visualisierung von Eingabedaten und räumlichen Verteilungen der Simulationsergebnisse
Innerhalb des angewandten internen Kopplungsverfahrens modelliert der jeweilige thermohydraulische Code die gesamte Fluiddynamik und die Wärmeübertragungsprozesse im Primärkreis einschließlich des Kernbereichs. Der Austausch räumlicher Verteilungen (Leistungsdichte und thermohydraulische Zustandsverteilungen) erfolgt durch Schnittstellenroutinen, z.B. die Standard-ATHLET-Schnittstelle. Auf diese Weise kann jeder Code einzeln weiterentwickelt und gewartet werden, während TORT-TD über eine gemeinsam genutzte Bibliothek mit ATHLET gekoppelt ist.
Aktuelle Anwendungsbereiche: Einsatz von TORT-TD/CTF zur Sicherheitsbewertung lokaler Phänomene in Siedewasserreaktoren (SWR)
Zu den aktuellen Arbeiten in der GRS zählt die Weiterentwicklung von TORT-TD/CTF zur Sicherheitsbewertung lokaler Phänomene, wie diese in komplexen modernen Designs von Siedewasserreaktor-Brennelementen auftreten können. So führt die stetig fortlaufende Optimierung der eingesetzten SWR-Brennelementtypen mit teillangen Brennstäben, lokal variierende Anreicherung, abbrennbaren Neutronengiften zu zunehmend komplizierten Strömungsverhältnissen im Brennelement und zu radial wie axial stärker variierenden Verteilung von Leistungs- und Moderatordichte.
Auch der Einfluss der Nachbarbrennelemente auf Neutronenphysik und Thermohydraulik des betrachteten Brennelements sowie die thermohydraulischen Randbedingungen spielen eine Rolle. Durch die Weiterentwicklungen ist die GRS in der Lage, diese komplexen Phänomene analytisch abzubilden und ein mögliches Auftreten unerwünschter Effekte im Brennstoff wie lokale Leistungsdichte- und Brennstofftemperaturüberhöhungen, lokale Dryout-Effekte und in der Folge verstärkte lokale Hüllrohroxidationsprozesse zu simulieren.
Anhand von stationären und transienten Simulationen repräsentativer Minikernanordnungen hat die GRS Sicherheitsanalysen durchgeführt und Informationen über sicherheitsrelevante lokale Verteilungen von Stableistung, Dampfblasengehalt und Brennstofftemperatur gewonnen. Weiterführende Informationen und Ergebnisse zu diesen Arbeiten können u.a. der Veröffentlichung High-fidelity Multi-Physics Pin-by-pin Model of a SVEA-96 Optima2 assembly with TORT-TD/CTF (PHYSOR 2020, Publikation Nr. 1460) entnommen werden.