(GRS 441) Zuverlässigkeitsbewertung unter neuen Anforderungen an Sicherheitsleittechnik in Kernkraftwerken: Analysen der Anwendungspraxis

M. Jopen, C. Quester, S. Römer, D. Sommer, J. Stiller, B. Ulrich

In vielen deutschen Kernkraftwerken sind inzwischen rechnerbasierte oder programmierbare leittechnische Einrichtungen im Bereich der betrieblichen Leittechnik und bei Regelungen und Begrenzungen eingesetzt. Da angesichts des Ausstiegsbeschlusses absehbar ist, dass für deutsche Kernkraftwerke keine kerntechnikspezifischen Austauschkomponenten mehr entwickelt werden, ist sogar mit einem verstärkten Einsatz rechnerbasierter und programmierbarer leittechnischer Einrichtungen zu rechnen. Dieser verstärkte Einsatz kann sich dann auch auf sicherheitstechnisch wichtige leittechnische Einrichtungen ausweiten.
Vor allem bei Umrüstungsmaßnahmen in deutschen Kernkraftwerken an sicherheits-technisch wichtigen leittechnischen Einrichtungen muss in Betracht gezogen werden, dass ein Teil der leittechnischen Funktionen noch weit über das Jahr 2022 hinaus, d. h. auch bei langfristigem Nichtleistungsbetrieb nach der Abschaltung der Kernkraftwerke sowie während des Stilllegungsbetriebs im Rahmen des Rückbaus, benötigt werden.
Problematisch an dieser Entwicklung ist, dass zum Zeitpunkt der Antragsstellung keine speziell für rechnerbasierte oder programmierbare leittechnische Einrichtungen formulierte Anforderungen im deutschen kerntechnischen Regelwerk zur Verfügung standen. Es existierten jedoch bereits DIN-Normen, in denen Regelungen und Anforderungen rechnerbasierten und programmierbare Einrichtungen gestellt werden. Mittlerweile wurden darüber hinaus Anforderungen an rechnerbasierte und programmierbare Einrichtungen im Rahmen der Überarbeitung des kerntechnischen Regelwerks und der Sicherheitsanforderungen  an  Kernkraftwerke  aufgenommen.  Die  RSK  ist  jedoch  der Auffassung, dass zusätzliche, über den zum Zeitpunkt der Stellungnahme aktuellen Stand der Normen hinausgehende Verfahren erforderlich sind. Daher ist eine eingehende Untersuchung von internationalen nuklearen sowie nicht-nuklearen Regelwerken, Standards und Normen notwendig, um eine mögliche Übertragbarkeit in das deutsche kerntechnische Regelwerk zu diskutieren.
Insgesamt liefert das Vorhaben somit einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Bewertungsmaßstäbe rechnerbasierter oder programmierbarer Baugruppen und Systeme für eine Anwendung im nationalen, nuklearen Bereich. Im Fokus dieser Weiterentwicklung stehen neben konkreten Anforderungen an die Softwareentwicklung und den Software-Lebenszyklus die Prozesse und Methoden der Qualifizierung und der Bewertung der Systemzuverlässigkeit sowie die Anwendbarkeit von Software-Metriken.