(GRS 492) Untersuchungen zu sicherheitstechnisch bedeutsamen Aspekten bei der Dekontamination von Reaktorkühlkreisläufen in Kernkraftwerken

S. Faust, I. Fleck, U. Jendrich, F. Michel

Der Aktivitätsaufbau in Reaktorkühlkreisläufen von LWR ist insbesondere auf die Ablagerung aktivierter Korrosionsprodukte zurückzuführen. Im Allgemeinen besteht eine auf den Primärkreiswerkstoffen gebildete Oxidschicht aus einer dünnen inneren Schutzschicht und einer gröberen äußeren Schicht, die von einem dynamischen Gleichgewicht aus Löse- und Abscheidevorgängen von Korrosionsprodukten geprägt ist. Die Oxidschichten von DWR- und SWR-Anlagen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung und Dicke. 60Co aus cobalthaltigen Werkstoffen findet als harter Gammastrahler bei der Thematik des Aktivitätsaufbaus besondere Beachtung.

Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Dekontaminationsverfahren entwickelt. In Deutschland kommen HP/CORD UV von AREVA, Nitrox-E von Westinghouse und ASDOC_D (-MOD) von NIS Siempelkamp zur Anwendung. Daneben gibt es einige Verfahren auf dem Markt, die in Deutschland nicht (mehr) zum Einsatz kommen: u. a. LOMI, CAN-DEREM und CITROX. Speziell für Dekontaminationen vor dem Rückbau wurde das EPRI-DFD(X)-Verfahren entwickelt.

In der Vergangenheit wurden in Deutschland und international zahlreiche Primärkreisdekontaminationen (FSD) durchgeführt. Die meisten dieser FSD verliefen ohne Komplikationen und der erreichte Dekontaminationserfolg war oftmals mehr als zufriedenstellend. Aus der Auswertung der Betriebserfahrung (meldepflichtige Ereignisse, IRS-Meldungen) ergeben sich nur wenige Informationen im Zusammenhang mit Dekontaminationen. Die sicherheitstechnische Bedeutung dieser Ereignisse war in den meisten Fällen gering. Im Rahmen von Anlagenbesuchen konnten Informationen zu Planungsdetails und Erfahrungen der Anlagen gewonnen werden.

Aus den Auswertungen ergeben sich die potenziellen technischen Auswirkungen „übermäßiger Grundwerkstoffabtrag“, „Partikelfracht“ und „Gasentwicklung“. Insbesondere im Leistungsbetrieb können diese Auswirkungen erheblich sein und zu Systembeeinträchtigungen führen. In den Empfehlungen in GRS-Weiterleitungsnachrichten wurden die Aspekte „übermäßiger Grundwerkstoffabtrag“ und „Entwicklung reaktiver Gase“ bereits behandelt. Auf Basis der durchgeführten Untersuchungen wurden zusätzlich Optimierungsansätze zu den Aspekten „Partikelfracht“, „nicht-reaktive Gase“, „Einbeziehen von Systemen außerhalb des Dekontaminationsbereiches in die Materialverträglichkeitsbetrachtung“, „Berücksichtigung von Vorschädigungen“ und „Gebäude-Statik“ sowie zu organisatorischen bzw. prozessualen Aspekten abgeleitet.