(GRS-544) PSA der Stufe 1 für einen Forschungsreaktor

G. Mayer, M. Utschick, S. Babst, K. Heckmann

Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekts entwickelte die GRS eine generische PSA der Stufe 1 für einen Forschungsreaktor nach dem methodischen Stand von Wissenschaft und Technologie. Ziel des Vorhabens war der Aufbau von PSA-Kompetenz bezogen auf Forschungsreaktoren (auch hinsichtlich Anlagen- und Sicherheitstechnik) bei der GRS. Bei diesem Vorhaben standen die Entwicklung und Anwendung von PSA-Methoden im Vordergrund. Es sollte keine Risikobewertung für den untersuchten Referenzreaktor durchgeführt werden. Deshalb ist es angemessen, wenn in einigen Bereichen der PSA geeignete Vereinfachungen vorgenommen wurden, die jedoch die Verwendbarkeit der PSA-Ergebnisse für methodische Erkenntnisse nicht wesentlich beeinträchtigen sollten.
Dieser ist ein offener Poolreaktor, der zur Neutronenerzeugung über ein Brennelement mit 20 MW thermischer Leistung verfügt. Eine heiße und eine kalte Neutronenquelle erzeugen Neutronenflüsse, die von Strahlröhren zu den Experimentierhallen geleitet werden. Zusätzlich können mit dem Reaktor radioaktive Isotope für medizinische Anwendungen hergestellt werden. Die relevanten auslösenden Ereignisse und Unfallfolgen während des Leistungsbetriebs sind z. B. fehlerhaftes Ausfahren des Steuerstabs mit maximaler Geschwindigkeit, Notstromfall, Ausfall der Kühlung der Konverterplatte oder Kühlmittelverlust außerhalb des Pools. Die auslösenden Ereignisse Leckagen am Reaktorbecken, Erdbeben oder Flugzeugabstürze sind dagegen für alle Betriebszustände relevant. Die Eintrittshäufigkeit der auslösenden Ereignisse wurde größtenteils auf der Grundlage der Betriebserfahrung deutscher Forschungsreaktoren mit einer Leistung > 1 MW, welche über das Jahr 2003 hinaus in Betrieb waren, ermittelt. Schadenszustände beim  Forschungsreaktor können Brennelementschäden und Integritätsverlust der Konverterplatte mit Freisetzung von Radioaktivität in das Reaktorbecken sein. Die wichtigsten Sicherheitsfunktionen, die erforderlich sind, um die Sicherheitsziele nach einem auslösenden Ereignis zu erreichen, sind Reaktorabschaltung und Kernkühlung. Die Analyse der Ereignissequenzen und die Ableitung von Erfolgskriterien in der PSA basieren auf Sicherheitsbericht und Betriebshandbuch. Ausgewählte Ereignisabläufe wurden mittels  thermohydraulischer Berechnungen analysiert. Die Nichtverfügbarkeit von Sicherheitsfunktionen wurde anhand von Fehlerbäumen ermittelt. Diese sind das Ergebnis von Systemanalysen, die für Sicherheitssysteme sowie für Betriebssysteme durchgeführt und die in der Ereignisablaufanalyse berücksichtigt wurden. Die verwendeten Zuverlässigkeitsdaten für unabhängige Komponentenausfälle basieren hauptsächlich auf einer IAEA-Datenquelle (TECDOC-930). Die Daten wurden mittels Superpopulationsmethode (zweistufiger  Bayes'scher Ansatz) auf den Forschungsreaktor übertragen. Die Daten für gemeinsam verursachte Ausfälle stammen hauptsächlich aus einer Datenbank, die die Betriebserfahrungen in deutschen Kernkraftwerken umfasst. Die Quantifizierung des PSA-Modells zeigte, dass die verwendeten generischen Daten sehr konservativ sind und z. T. sehr hohe Unsicherheiten aufweisen. Dies führt zu Ergebnissen, die für den untersuchten Reaktor nicht repräsentativ sind. Aus diesem Grund werden keine absoluten Häufigkeiten für Schadenszustände angegeben, sondern die relativen Beiträge der auslösenden Ereignisse zum Gesamtergebnis. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens wurden auf den Konferenzen IGORR/RRFM 2019 in Jordanien und „International Topical Meeting on Probabilistic Safety Assessment and Analysis (ANSPSA 2019)“ in Charleston, USA dem internationalem Fachpublikum vorgestellt.