(GRS-636) Einsatz dynamischer Simulationsmethoden für die Analyse von Notfallmaßnahmen bei erschwerenden Randbedingungen infolge übergreifender Einwirkungen

F. Berchtold, W. Faßmann, J. Peschke, M. Röwekamp

In der GRS wurden in den letzten Jahren fortschrittliche Methoden zur dynamischen PSA entwickelt, die mittlerweile für Anwendungen zur Verfügung stehen. Methoden der dynamischen PSA können eingesetzt werden, um zeitabhängige Wechselwirkungen zwischen Prozessablauf, menschlichen Handlungen und stochastischen Einflüssen umfassender mit einem höheren Detaillierungsgrad modellieren und analysieren zu können, als dies mit den Methoden der konventionellen PSA möglich ist. Solche Wechselwirkungen sind insbesondere auch bei Ereignissen infolge übergreifender Einwirkungen zu erwarten, bei denen Notfallmaßnahmen durch das Anlagenpersonal oftmals unter erschwerten Randbedingungen durchzuführen sind.

In diesem Vorhaben werden die bei der GRS entwickelten fortschrittlichen Methoden zur dynamischen PSA (MCDET und Crew-Modul) bei einer Untersuchung der Wirksamkeit von Notfallmaßnahmen unter erschwerten Randbedingungen angewendet, wobei Abhängigkeiten und zufällige Einflussgrößen auf den Handlungsablauf berücksichtigt werden. Bei dem zu analysierenden Szenario handelt es sich um ein Überflutungsereignis, welches zeitgleich zur übergreifenden Einwirkung eines anlageninternen Brandereignisses im Reaktorgebäude-Ringraum stattfindet. Es wurde dabei unterstellt, dass der Brand in einem Kabelschacht des Reaktorgebäude-Ringraums ausbricht und während der Löscharbeiten eine Leckage in der Feuerlöschwasserleitung auftritt, wodurch die Einspeisung von Löschwasser zur Brandbekämpfung unterbrochen wird. Die erschwerende Randbedingung für den Löschvorgang besteht in der mehr oder minder großen Verzögerung der Löscharbeiten durch die Dauer und den Erfolg der Erkennung, Lokalisierung und Absperrung des Lecks.

Mittels der durchgeführten dynamischen PSA konnte demonstriert werden, wie ein komplexer Handlungsablauf unter Berücksichtigung verschiedener unsicherer Einflussgrößen und Abhängigkeiten modelliert und analysiert werden kann. Außerdem wurde durch die Untersuchungen gezeigt, dass es mit den GRS-Methoden zur dynamischen PSA möglich ist, die Auswirkung stochastischer Einflussfaktoren auf die Zeiten zu quantifizieren, zu denen relevante Handlungen für den Prozessablauf durchgeführt werden. Damit können Einflussfaktoren identifiziert werden – auch diejenigen, die mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit auftreten, bei denen die Ausführungszeiten wichtiger Handlungen signifikant verzögert sind. Zeitliche Verzögerungen können dann einen sicherheitstechnisch relevanten Einfluss haben, wenn notwendige Handlungen nicht rechtzeitig ausgeführt werden und damit die Notfallmaßnahme nicht erfolgreich durchgeführt werden kann.


Der Kenntnisgewinn, der durch die probabilistischen Ergebnisse der dynamischen PSA erzielt wird, kann als Grundlage dafür verwendet werden, Maßnahmen zur Vermeidung solcher zeitlichen Verzögerungen zu entwickeln, womit sich die Sicherheit einer Anlage erhöhen lässt.