(GRS-782) Erweiterung des Quelltermprognosewerkzeugs FaSTPro zur Planung anlagenexterner Notfallmaßnahmen unter Berücksichtigung aller Radionuklidquellen an einem Kernkraftwerksstandort

M. Obergfell, M. Hage, S. Johst, J. Zert

Extension of the Source Term Prognosis Tool FaSTPro for Planning of Plant External Emergency Measures Considering the Entire Radioactive Sources Collocated at a Nuclear Power Plant Site

Förderkennzeichen 1596

Ein wesentliches Ziel des zunächst vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und später vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicher-heit und Verbraucherschutz (BMUV) geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens RS1596 besteht darin, Methoden und Werkzeuge für die probabilistische Sicherheitsanalysen (PSA) weiter zu vervollständigen und zu verbessern. Das  Gesamtziel der in diesem Bericht vorgestellten Arbeiten besteht in der Erweiterung des GRS-Quelltermprognosewerkzeugs FaSTPro zur Planung anlagenexterner Notfallmaßnahmen unter Berücksichtigung aller Radionuklidquellen an einem Kernkraftwerksstandort.

Ein Unfall am Standort eines Kernkraftwerks erfordert eine zuverlässige schnelle Lagebeurteilung und Prognose zum weiteren Unfallverlauf, damit der Situation entsprechende Notfallmaßnahmen eingeleitet und die Bevölkerung über die wichtigsten Erkenntnisse informiert werden kann.

Das GRS-Werkzeug FaSTPro (Fast Source Term Prognosis) ist ein Softwaretool zur Prognose von Radionuklidfreisetzungen in die Umwelt bei schweren Unfällen in Kernkraftwerken. Die Quelltermprognosesoftware dient dazu, mit sehr kurzen Rechenzeiten im Bereich von Sekunden aus einem Satz von Beobachtungen auf die Wahrscheinlichkeit bestimmter Anlagenzustände und Quellterme zu schließen.

FaSTPro wurde dabei dahingehend erweitert, alle radioaktiven Quellen an einem Kernkraftwerksstandort, also alle Reaktorblöcke sowie weitere Radionuklidquellen, zu berücksichtigen, um damit einen Gesamtquellterm für den Kraftwerksstandort ermitteln zu können. Dies beinhaltete auch eine Erweiterung um weitere auslösende Ereignisse, insbesondere infolge übergreifender Einwirkungen, die ggf. den gesamten Anlagenstandort beeinträchtigen können.

Das in Python 2.7 entwickelte Quelltermprognosewerkzeug FaSTPro wurde des Weiteren auf die Python-Version 3.11 aktualisiert. FaSTPro wurde in diesem Zusammenhang in die Softwarebasis des GRS-Programms ATLASneo zur Visualisierung von Stör- und Unfallsimulationen mit einer systemunabhängigen, universell einsetzbaren Plattform für grafische Ergebnisdarstellungen eingebunden und kann in Zukunft von den intensiven Weiterentwicklungen in ATLASneo profitieren.

Außerdem wurde eine Version von FaSTPro für einen Druckwasserreaktor neuer Bauart vom Typ EPR erarbeitet. In diesem Zusammenhang wurde FaSTPro bzgl. der vorhandenen Freisetzungskategorien um Freisetzungen bei Anlagen mit verfügbarem Sprühsystem für den Sicherheitsbehälter und mit der Funktion eines Core Catchers erweitert. Darüber hinaus wurden die Freisetzungskategorien um eine Schmelzerückhaltung im Reaktordruckbehälter und um den Kühlmittelverlust in einem angeschlossenen System ergänzt. Zusätzlich wurde für den finnischen EPR die Möglichkeit einer gefilterten Druckentlastung in FaSTPro berücksichtigt.

Das mittels der vorgenannten Arbeiten methodisch erneut erheblich erweiterte und weiterentwickelte GRS-Quelltermprognosewerkzeug FaSTPro kann damit in Notfallzentren für eine umfassende Quelltermprognose für gesamte Kernkraftwerksstandorte mit allen dort vorhabenden Radionuklidquellen, d. h. Druck- und Siedewasserreaktoren herkömmlicher Bauart ebenso wie mit neuen Druckwasserreaktoren vom Typ EPR sowie den am Standort befindlichen Brennelementlagerbecken und nuklearen Abfall- und Zwischenlagern, verwendet werden und ermöglicht damit präzisere, den möglichen Unfallabläufen besser angepasste anlagenexterne Notfallmaßnahmen.