(GRS-S 40) Neuere Erkenntnisse zum Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl

Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS)

Die GRS hat bereits im Juni dieses Jahres in einem ersten Bericht die damals vorliegenden Informationen zur Kernkraftwerksanlage Tschernobyl und zum Unfallablauf zusammengefaßt und bewertet sowie die radiologischen Auswirkungen in unserem Land dargestellt. Sie legt hiermit auf der Basis eines aktuellen Wissensstandes einen zweiten Bericht mit dem Ziel vor, die Diskussionen weiter zu versachlichen.
 
Auf der Expertenkonferenz der IAEA in Wien, vom 25. - 29. August 1986, hat die sowjetische Delegation über ihre Untersuchungen zum Tschernobyl-Unfall vorgetragen und einen detaillierten Bericht vorgelegt.
 
Die sowjetischen Experten haben bei dieser Konferenz sehr ausführlich informiert. Danach sind die Ursachen des Unfalls - eine Kombination aus menschlichem Versagen und einer unzureichenden sicherheitstechnischen Auslegung - sowie das Geschehen bis zur ersten Explosion relativ gut bekannt. Zum weiteren Unfallablauf bleiben jedoch noch Fragen offen, da seine Rekonstruktion angesichts des Zerstörungsgrades der Anlage und der getroffenen schadenseindämmenden Maßnahmen schwierig ist.
 
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Unfalls hat die GRS damit begonnen, den Ablauf theoretisch nachzuvollziehen und das Kernverhalten rechnerisch zu simulieren. Dabei wurde sehr schnell deutlich, daß charakteristische Eigenschaften dieses Reaktorkerns, z. B. ein positiver Dampfblasen-Reaktivitätskoeffizient, sicherheitstechnisch bedenklich sind.