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Fahne Vereinigtes Königreich (UK)

Kernenergie im Vereinigten Königreich

• Im Vereinigten Königreich werden derzeit neun Kernkraftwerks(KKW)-Blöcke an vier Standorten betrieben.

• Die britische Regierung verfolgt seit Längerem die Errichtung neuer Kernkraftwerke. Aktuell sind zwei neue Reaktoren im Bau, drei weitere sind geplant. Bis 2050 sollen bis zu elf neue Kernkraftwerke gebaut werden.

• Neben der Errichtung großer KKW fördert die Regierung auch die Entwicklung und den zukünftigen Einsatz von SMR im UK; hierzu wurde ein Wettbewerb um Fördermittel aufgelegt. Mehrere SMR-Konzepte befinden sich gegenwärtig in einem sogenannten Generic Design Assessment (GDA) durch die britische Aufsichts- und Genehmigungsbehörde.

 

Status quo der Stromerzeugung

Im Vereinigten Königreich (nachfolgend: UK) werden derzeit an vier Standorten neun Kernkraftwerksblöcke mit einer Gesamterzeugungskapazität von ca. 6 Gigawatt (GW) betrieben. Alleinige Betreiberin ist EDF Energy, eine britische Tochter des französischen Staatskonzerns EDF. Im Jahr 2023 hat die Kernenergie ca. 14 % der insgesamt erzeugten Strommenge von rund 286 Terawattstunden (TWh) bereitgestellt. Während der Anteil der Verstromung von Erdgas nach deutlichem Rückgang bei 33,7 % lag (2022: 40 %), stellten erneuerbare Erzeugungsformen zusammen einen Anteil von ca. 40 % der Gesamterzeugung. Demgegenüber hat der Import von Strom im Vergleich zum Vorjahr zugenommen: In 2023 hat das UK per Saldo fast 24 TWh importiert. 

Anzahl der Reaktoren und deren Durchschnittsalter im Jahr 2025 sowie Strommix in 2023 im UK
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Die Grafik zeigt die Anzahl der Reaktoren (9) und deren durchschnittliches Alter (37,5 Jahre) im Jahr 2025 sowie die prozentuale Anteile der verschiedenen Arten der Stromerzeugung im Vereinigten Königreich im Jahr 2023 an.

(Anm.: Die hier zugrunde gelegten Daten stammen von der Internationalen Energieagentur (IEA), die Werte in der Grafik sind gerundet. Tagesaktuelle Daten für das UK bieten u. a. Electricity Maps und gridwatch.

Politische und rechtliche Rahmenbedingungen 

Mit der Änderung des Climate Change Act im Jahr 2019 hat sich das UK einen Nullausstoß an Treibhausgasen („net zero“) bis zum Jahr 2050 zum Ziel gesetzt. In 2020 wurde der Bau neuer Kernkraftwerke (KKW) als Teil eines Zehn-Punkte-Plans einer „Grünen industriellen Revolution“ festgelegt. Im Januar 2024 hat die britische Regierung die „Civil Nuclear Roadmap“ veröffentlicht, die einen Ausbau der nuklearen Erzeugungskapazität auf bis zu 24 GW bis zum Jahr 2050 zum Ziel erklärt. Der Bau von bis zu elf neuen KKW-Blöcken soll unter anderem durch Erleichterung von Investitionen, die Optimierung von Genehmigungsprozessen und Förderung von Ausbildung sowie Forschung und Entwicklung erreicht werden. Außerdem sollen nationale Kapazitäten für den gesamten Brennstoffkreislauf (s. u. „Brennstoffversorgung“) geschaffen und ein Endlager errichtet werden. Eine Schlüsselrolle soll dabei das im Juli 2023 gegründete Staatsunternehmen Great British Nuclear (GBN) spielen, das die staatliche Förderung der Kernenergie koordinieren und umsetzen soll. Im Februar 2025 kündigte die seit Mitte 2024 amtierende Labour-Regierung eine umfassende Initiative zur Förderung des Kernenergie-Ausbaus im UK an. Im Fokus soll dabei eine grundlegende Reform der bisherigen Regulierung des Nuklearsektors stehen. So soll es künftig möglich sein, KKW und insbesondere SMR nicht nur an den acht bisher festgelegten potenziellen Standorten, sondern prinzipiell überall in England und Wales zu errichten. Außerdem sollen eine Überarbeitung des Regelwerks Projektkosten reduzieren und private Investitionen erleichtern. 

Für die Finanzierung von Neubauprojekten steht im UK unter anderem das Instrument des sogenannten „Differenzvertrags“ (Contract of Difference, CfD) zur Verfügung. Dabei schließt der britische Staat mit dem Erzeuger einen Vertrag, der diesem einen finanziellen Ausgleich für den Fall garantiert, dass der Marktpreis pro kWh unter dem vertraglich vereinbarten Basispreis liegt; diese Mehrkosten legt der Staat dann auf die Verbraucher um. Liegt der Marktpreis über dem Basispreis, hat der Erzeuger die Differenz an die Verbraucher weiterzugeben. 

Das Genehmigungsverfahren für neue KKW ist im UK zweistufig aufgebaut: Auf der ersten Stufe führt die Genehmigungsbehörde (Office for Nuclear Regulation, ONR) auf Antrag für einen bestimmten Anlagentyp und unabhängig von einem konkreten Standort ein sog. Generic Design Assessment (GDA) durch. Ergibt diese Prüfung, dass der betreffende Typ den aktuellen sicherheitstechnischen Anforderungen grundsätzlich entspricht, stellt das ONR eine Design Acceptance Confirmation (DAC) aus. Parallel erfolgt eine Prüfung durch die Umweltbehörde. Bislang wurde eine DAC für folgende Anlagentypen ausgestellt: UK EPR (EdF), AP 1000 (Westinghouse), Advanced Boiling Water Reactor (ABWR, Hitachich-GE) und HPR 1000 (China General Nuclear Power Group, CGN). 

Landkarte UK mit eingezeichneten Kernkraftwerkstandorten
Landkarte Vereinigtes Königreich mit Kraftwerksstandorten

Aktuelle Planungen und Projekte

Laufzeitverlängerungen. Der angestrebten Vervierfachung der nuklearen Erzeugungskapazität bis 2050 steht in den kommenden Jahren eine erhebliche Reduzierung entgegen: Nach aktuellem Planungsstand sollen die acht AGR-Reaktoren (Advanced Gas-cooled Reactor – in diesen wird zur Moderation Grafit anstelle von Wasser verwendet, Alterungseffekte im Grafitmoderator begrenzen die potenzielle Laufzeit) bis zum Ende dieses Jahrzehnts stillgelegt werden.

Nach einer Ankündigung des Betreibers EdF vom Dezember 2024 sollen die Laufzeiten der je zwei Reaktoren an den Standorten Hartlepool A und Heysham A bis März 2026, die der Reaktoren in Heysham B und am Standort Torness bis März 2030 verlängert werden. Damit verbliebe ab 2030 lediglich der gegenwärtig einzige Leichtwasserreaktor Sizewell B am Netz, dessen Stilllegung für 2035 vorgesehen ist, wobei es Pläne gibt, die Laufzeit um weitere 20 Jahre bis 2055 zu verlängern. Damit würde diese Anlage eine Laufzeit von 66 Jahren erreichen.

Große KKW. Seit 2016 lässt EdF aktuell am Standort Hinkley Point C zwei KKW des Typs UK EPR mit einer elektrischen Nettoleistung von je 1.600 MW errichten. Finanziert wird das Projekt von EdF Energy sowie der chinesischen CGN. Ein wesentliches Element der Finanzierung ist ein „Differenzvertrag“ mit dem britischen Staat. In dem Projekt ist es zwischenzeitlich mehrfach zu Verzögerungen sowie zu erheblichen Kostensteigerungen gekommen. Im Januar 2024 erklärte EdF Energy, dass sich die Fertigstellung unter ungünstigen Umständen sogar bis 2031 verzögern könnte. Außerdem könnten sich die Kosten erneut erhöhen: EdF Energy ging Medienberichten zufolge von Gesamtkosten von bis zu über 50 Mrd. Euro aus Ursprünglich waren Kosten i. H. v. rund 19 Mrd. Euro veranschlagt worden (Stand 2012). Der Bau wurde in 2024 fortgeführt, unter anderem wurde im Mai 2024 der erste Dampferzeuger angeliefert. 

Zwei weitere UK-EPR-Blöcke sollen nach den Planungen von EdF Energy am Standort Sizewell errichtet werden. Für die neue Anlage „Sizewell C“ wurde von der Genehmigungsbehörde ONR im Mai 2024 eine „nuclear site licence“ erteilt. Bis Ende 2024 wurde am Standort mit vorbereitenden Erdarbeiten begonnen. Auch an diesem Projekt war zunächst CGN beteiligt; der chinesische Anteil betrug 20 %. Vor dem Hintergrund ihrer kritischen Haltung gegenüber chinesischen Beteiligungen an großen Infrastrukturprojekten hat die britische Regierung im Jahr 2022 den Anteil von CGN aufgekauft, seitdem ist der britische Staat mit 47 % größter Anteilseigner in dem Projekt. Im Herbst 2023 startete die britische Regierung einen formalen Qualifikationsprozess, um weitere private Inverstoren für das Projekt zu gewinnen.  

Auch für den Standort Bradwell planen EdF Energy und CGN den Bau eines neuen KKW, allerdings mit einer Mehrheitsbeteiligung von CGN (66,5 %). Anders als in Hinkley Point und Sizewell soll hier ein Reaktor vom Typ HPR 1000 mit einer elektrischen Nettoleistung von rund 1.000 MW gebaut werden; mittelfristig sind am Standort zwei Blöcke geplant. Bei dem HPR 1000 handelt es sich um eine modifizierte Version des in China errichteten Hualong One, einer chinesischen Eigenentwicklung, die ihrerseits auf dem französischen 1.300-MW-Design beruht. Das GDA für den HPR 1000 wurde in 2022 abgeschlossen. Mit Blick auf die vorerwähnten Bedenken gegen chinesischen Einfluss in großen Infrastrukturprojekten wird die Beteiligung von CGN im politischen Raum diskutiert, konkrete Pläne oder Maßnahmen gegen die Beteiligung sind jedoch nicht bekannt geworden. 

SMR. Seit Mitte der 2010er-Jahre ist die Nuklearpolitik des UK auf eine Förderung von SMR-Konzepten und deren mittelfristigem Einsatz ausgerichtet. Nach einem entsprechenden Wettbewerb, der in 2016 startete, bewilligte die Regierung in 2020 40 Mio. Pfund zur Förderung entsprechender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Im Rahmen des von Great British Nuclear durchgeführten mehrstufigen Wettbewerbs für die Entwicklung und den Bau von SMR haben sich bis Ende 2024 die US-amerikanischen Unternehmen GE Hitachi, Holtec, Westinghouse und das britische Unternehmen Rolls-Royce SMR durchgesetzt. Insgesamt sollen GBN zufolge staatliche Mittel in Höhe von bis zu 1,3 Mrd. Euro vergeben werden. Die endgültige Entscheidung darüber, welches Unternehmen den Zuschlag erhält, wird für 2025 erwartet. 

Ein SMR-Konzept eines Konsortiums um Rolls-Royce dürfte als besonders aussichtsreicher Kandidat für eine Realisierung gelten, wobei das Konzept mit einer elektrischen Leistung von knapp 500 MW allerdings schon nicht mehr der heute üblichen SMR-Definition entspricht. Die britische Regierung hat das Konsortium bereits im Jahr 2021 mit 210 Mio. Pfund gefördert. Im April 2022 startete das GDA-Verfahren, dessen zweite von insgesamt drei Phasen Mitte 2024 abgeschlossen wurde.  

Auch Konzepte anderer Hersteller befinden sich derzeit in GDA-Verfahren: Für den SMR-300 von Holtec und den BWRX-300 von GE Hitachi wurden die ersten Phasen im August bzw. im November 2024 abgeschlossen, für den bleigekühlten LFR-AS-200 von Newcleo und den SMR AP300 von Westinghouse wurde die Aufnahme solcher Verfahren in 2024 beantragt bzw. bewilligt, weitere Unternehmen haben entsprechende Anträge angekündigt. 

Unabhängig von dem o. g. staatlichen Wettbewerb haben eine Reihe von Unternehmen im Lauf der letzten Jahre (Vor-)Verträge über den Bau von SMR abgeschlossen bzw. entsprechende Pläne angekündigt. Das US-Unternehmen Last Energy hat im Frühjahr 2023 mit vier Industriepartnern in Großbritannien und in Polen Verträge für den Bau von 34 SMR (PWR-20) abgeschlossen. Zehn Anlagen sollen in Polen errichtet werden und 24 in Großbritannien. Der US-amerikanische Reaktorentwickler TerraPower hat Mitte 2023 angekündigt, in Großbritannien eine größere Zahl seiner Natrium-SMR errichten zu wollen, wobei die ersten Anlagen in den 2030er-Jahren in Betrieb gehen sollen. Im Februar 2024 haben Westinghouse und das britische Unternehmen Community Nuclear Power Limited eine Vereinbarung über den Bau von vier SMR des Typs AP300 in der Region North Teesside im Nordosten Englands unterzeichnet. Für das privat finanzierte Projekt soll bis zum Jahr 2027 ein genehmigter Standort zur Verfügung stehen. 

Forschungsreaktoren 

In den vergangenen Jahrzehnten wurde im UK eine Vielzahl unterschiedlicher Forschungs- und Protottypreaktoren betrieben, darunter auch größere Hochtemperaturreaktoren und Schnelle Reaktoren mit Leistungen von über 20 MW. Aktuell betreibt lediglich Rolls-Royce zu Testzwecken eine sogenannte Kritische Anordnung (auch als „Nullleistungsreaktor“ bezeichnet). 

Brennstoffversorgung 

Die Fa. Urenco, deren Anteile zu je einem Drittel vom UK, den Niederlanden sowie (als deutscher Anteil) von RWE und PreussenElektra gehalten werden, betreibt am Standort Capenhurst drei Anlagen zur Urananreicherung, in denen Gasultrazentrifugen zum Einsatz kommen.  

Im Januar 2023 hat die britische Regierung den Nuclear Fuel Fond mit einem Volumen von knapp 90 Mio. Euro ins Leben gerufen, der Projekte zum Ausbau bzw. zur Errichtung heimischer Kapazitäten für die sog. Konversion von Uran (d. h. die Herstellung von gasförmigem Uranhexaflourid für die nachfolgende Anreicherung) sowie die Fertigung von Brennelementen fördern soll. Darüber hinaus hat die britische Regierung im Rahmen der o. g. „Roadmap“ angekündigt, mit rund 350 Mio. Euro die heimische Produktion von sog. HALEU (high-assay low-enriched uranium) zu fördern. Dabei handelt es sich um Uran mit einem Anreicherungsgrad zwischen 5 und 20 % Uran-235, das in zukünftigen Reaktortypen zum Einsatz kommen soll. Eine Produktionsstätte für HALEU im UK soll bis Anfang der 2030er-Jahre betriebsbereit sein. 

Im November 2023 kündigte das französische Unternehmen Framatome den Bau einer Anlage zur Herstellung von Brennelementen für SMR und große DWR im UK an.  

 

(Stand: Februar 2025)