Kernenergie in Rumänien
• Zudem will Rumänien einen Small Modular Reactor (SMR) des US-amerikanischen Unternehmens NuScale am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks in Doicești bauen.
Status quo der Stromerzeugung
Im rumänischen Cernavoda werden seit 1996 beziehungsweise 2007 zwei Schwerwasserreaktoren vom Typ Candu-6 betrieben; bei Baubeginn in den frühen 1980er-Jahren waren ursprünglich fünf Blöcke geplant gewesen.
Die beiden heute betriebenen Blöcke verfügen über eine elektrische Leistung von je etwa 700 Megawatt (MW) und trugen damit zuletzt rund 19,8 Prozent zur rumänischen Stromproduktion bei, die bei rund 59 Terawattstunden (TWh) liegt. Betrieben werden die beiden Kernkraftwerke (KKW) von der staatlichen Societatea Nationala Nuclearelectrica.
[Wir nutzen die Zahlen der International Energy Agency (IAE), die Zahlen sind gerundet. Tagesaktuelle Erzeugungsdaten nach Energiequelle finden sich auf der Seite Electricity Maps.]
Politische und rechtliche Rahmenbedingungen
Im Oktober 2021 verabschiedete die rumänische Regierung den Integrated National Action Plan for Energy and Climate Change. Um die Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen, soll neben Erneuerbaren Energien auch die Kernenergie zukünftig eine wichtigere Rolle spielen. So werden in dem Dokument Pläne für den Bau von zwei neuen Candu-Blöcken in Cernavoda bis 2031 bestätigt. Geplant ist auch die Sanierung der bestehenden Blöcke 1 und 2 am Standort, sodass beide für weitere 30 Jahre betrieben werden können.
Im November 2024 verabschiedete die rumänische Regierung eine Energie-Strategie, welche bis 2035 eine schrittweise Umstellung von Kohle auf Erdgas und mittel- bis langfristig auf Kernenergie vorsieht. Zudem sind auch Pläne zur Wiederaufnahme der heimischen Uran-Produktion enthalten.
Aktuelle Planungen und Projekte
Laut Angaben vom Oktober 2023 soll die Modernisierung für Block 1 rund 1,85 Milliarden Euro kosten.
Ende 2024 unterzeichnete Nuclearelectrica den Hauptvertrag für die Durchführung der Modernisierungsarbeiten zur Laufzeitverlängerung des Block 1 des KKW Cernavodă im Wert von rund 1,9 Mrd. EUR. Die Arbeiten sollen durch das kanadische Unternehmen AtkinsRealis, die Canadian Commercial Corporation, Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP) und das italienische Unternehmen Ansaldo Nucleare durchgeführt werden. Die Vereinbarung muss allerdings noch von der kanadischen Regierung und den Aktionären Nuclearelectricas genehmigt werden.
Große Kernkraftwerke. Die USA werden etwa ein Drittel des Bauprojekts der beiden in Cernavoda geplanten Reaktoren finanzieren. Ein Kredit der US-amerikanischen Export-Import Bank über 50 Millionen US-Dollar soll für vorbereitende Arbeiten verwendet werden.
Ein weiterer Kredit über 3 Milliarden US-Dollar wird von der Export Credit Agency aus Washington für den eigentlichen Bau bereitgestellt, der zwischen 2025 und 2030 erfolgen soll. Das kanadische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen hat zudem eine Exportfinanzierung in Höhe von 3 Milliarden Kanadischen Dollar (2,1 Mrd. €) für Nuclearelectrica angekündigt, um den Bau der beiden CANDU-6-Reaktoren zu unterstützen.
Die rumänische Regierung verabschiedete am 15. März 2023 ein Gesetz zur Genehmigung einer Unterstützungs-Vereinbarung mit Nuclearelectrica. Dadurch kann laut der staatlichen Betreibergesellschaft die nächste Phase des Projekts eingeleitet werden, welche etwa 30 Monate andauern soll und die finalen Vorbereitungen für die anschließende Bauphase beinhaltet.
Energonuclear, eine Tochtergesellschaft des staatlichen rumänischen Betreibers Nuclearelectrica, unterzeichnete im Rahmen der COP29-Konferenz (November 2024) einen Bauvertrag; dieser regelt die erste Phase des Engineering-, Beschaffungs- und Baumanagement-Vertrags (EPCM). Der Vertrag besteht aus zwei Phasen, welche insgesamt ein Auftragsvolumen von etwa 3,2 Mrd. EUR besitzen.
Die Inbetriebnahme der Blöcke ist für 2030 beziehungsweise 2031 geplant.
SMR. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) hat im September 2022 erstmalig eine „Site and External Events Design (SEED) Mission“ für die Standortauswahl eines Small Modular Reactors (SMR) in Rumänien durchgeführt. Beurteilt wurde der Prozess der Standortauswahl unter Berücksichtigung standortspezifischer Faktoren (z. B. mögliche Einwirkungen von außen). Die IAEA-Mission ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Nuclearelectrica den Bau von sechs modularen Einheiten eines Voygr-SMR mit einer Gesamtleistung von 462 MW des US-amerikanischen Unternehmens NuScale am Standort des ehemaligen Kohlekraftwerks Doicesti realisieren will. Die USA, Japan, Südkorea und die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten auf dem G7-Gipfel im Mai 2023 eine Finanzierung von bis zu 275 Millionen US-Dollar an, um die SMR-Planungen voranzutreiben. Die Aufsichtsbehörde Comisia Naţională pentru Controlul Activităţilor Nucleare (Nationale Kommission für die Kontrolle nuklearer Aktivitäten – CNCAN) hat Anfang Oktober 2023 ein sogenanntes Lizensierungsbasisdokument (LBD) für den SMR-Typ VOYGR-6 von NuScale genehmigt, welches die Konformität des LBD mit den nationalen regulatorischen Anforderungen bestätigt.
Die US-Export- Import-Bank genehmigte im Oktober 2024 die endgültige Zusage für ein Projekt-Darlehen von 98 Mio. US-Dollar. Ziel ist eine Inbetriebnahme im Jahr ist laut US-amerikanischen Angaben von September 2023 das Jahr 2029.
Forschungsreaktoren
Am Standort Pitesti werden zwei Triga-Forschungsreaktoren mit 14 Megawatt und 500 Kilowatt betrieben. Zudem ist Rumänien an der Entwicklung der Demonstrationsanlage Advanced Lead Fast Reactor European Demonstrator (ALFRED) beteiligt, einem Forschungs-SMR mit 125 MW elektrischer Leistung, der in Rumänien gebaut werden soll. Der SMR wird mit Mitteln aus dem EU-Forschungsprogramm entwickelt. Es handelt sich um einen bleigekühlten Reaktor, der mit passiven Sicherheitssystemen ausgestattet und mit Mischoxid-Brennstoff (MOX) mit einem Plutoniumanteil von etwa 17 Prozent bei ca. 550 °C betrieben werden soll. ALFRED ist als Vorläufer für eine industrielle Demonstrationsanlage geplant.
(Stand: März 2024)