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Flagge der tschechischen Republik

Kernenergie in der Tschechischen Republik

• In Tschechien erzeugen sechs Druckwasserreaktoren (DWR) an den Standorten Dukovany und Temelin mehr als ein Drittel der Gesamtstrommenge des Landes.
• Laut der aktuellen State Energy Policy soll die Kernkraft mittelfristig zur wichtigsten Stromerzeugungsform ausgebaut werden, um die CO2-Ziele des Landes zu erreichen.
• Neben einem weiteren konventionellen Kernkraftwerksblock an einem der bestehenden Standorte sind auch SMR geplant.

 

Status quo der Stromerzeugung

Strommix der Tschechischen Republik
Strommix der Tschechischen Republik

In der damaligen Tschechoslowakei wurde 1958 mit dem Bau eines ersten Kernkraftwerks begonnen, welches nach der Auflösung des Staates heute auf dem Gebiet der Slowakei steht. In Tschechien wurde ab 1978 ein WWER-440 am Standort Dukovany errichtet; heute stehen dort derer vier.

Am zweiten Standort des Landes, Temelin, werden zudem zwei WWER-1000-Anlagen vom Typ 320 betrieben. Betreiber aller sechs Blöcke ist CEZ, die zu 70 Prozent in Staatsbesitz ist.

Die sechs Blöcke tragen rund 37 Prozent zur Nettostromerzeugung des Landes bei. Die erneuerbaren Energien kommen auf etwa 13 Prozent, die Fossilen auf rund 49 Prozent. Im Jahr 2022 wurden in Tschechien insgesamt etwa 85 Terawattstunden (TWh) Strom produziert, wobei deutlich mehr exportiert als importiert wurde.

[Wir nutzen die Zahlen der International Energy Agency (IAE), die für Tschechien den Stand 2022 wiedergibt. Tagesaktuelle Erzeugungsdaten nach Energiequelle finden sich auf der Seite Electricity Maps.]

Politische und rechtliche Rahmenbedingungen

Die Energiepolitik in der Tschechischen Republik wird durch die State Energy Policy (SEP) bestimmt, deren letzte Fassung auf 2015 zurückdatiert. Als Hauptziele sollen der Energieverbrauch gesenkt, die Energieintensität der Wirtschaft verbessert und die Kernenergie mittelfristig zur wichtigsten Stromerzeugungsform ausgebaut werden, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Zuletzt wurde ein Anteil von 46 bis 58 Prozent Kernenergie im Jahr 2040 angestrebt. Die erneuerbaren Energien spielen bei den Plänen der tschechischen Regierung bislang eine untergeordnete Rolle. Die neuen geopolitischen Umstände (Krieg in der Ukraine und damit einhergehende Distanz zu Russland) sind in der letzten SEP nicht berücksichtigt, was vor allem hinsichtlich des hohen Anteils an Erdgas relevant sein dürfte.

Nach dem neuen Atomgesetz werden Betriebsgenehmigungen für zukünftige KKW zeitlich unbefristet erteilt. Dafür muss die nukleare Sicherheit der kerntechnischen Anlage durch umfassende Periodische Sicherheitsüberprüfungen (PSÜ) nachgewiesen werden.

Aktuelle Planungen und Projekte

KKW-Standorte in der Tschechischen Republik
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Standorte Tschechien

Große KKW. Um die Stromerzeugungskapazitäten insgesamt sowie den Anteil der Kernenergie am Strommix zu erhöhen, sollen zum einen die Laufzeiten der bestehenden Anlagen verlängert und zum anderen neue Anlagen gebaut werden.

So gab CEZ im Juni 2020 bekannt, dass es in den nächsten 27 Jahren rund 2,3 Milliarden US-Dollar investieren will, um die Betriebsdauer der vier Reaktoren in Dukovany um weitere 20 auf insgesamt 60 Jahre zu verlängern. Die Modernisierungen würden sich auf die Reaktorsteuerungs- und Kontrollsysteme, die Verkabelung und die Sicherheitssysteme konzentrieren.

In Temelin und Dukovany könnten jeweils zwei neue Reaktoren entstehen. Konkret ist zurzeit ein neuer Reaktor am Standort Dukovany in Planung: Von ursprünglich drei Bewerbern auf die Ausschreibung sind noch die französische Électrcité de France (EdF) sowie die südkoreanische Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP) im Rennen - der US-amerikanische Konzern Westinghouse Electric ist hingegen ausgeschieden. Ein Vertrag soll voraussichtlich 2024 abgeschlossen werden. Im Oktober 2023 erteilte das Ministerium für Industrie und Handel den Planfeststellungsbeschluss für bis zu zwei weitere neue Blöcke am Standort Dukovany.

SMR. Bei den tschechischen Ausbauplänen spielen auch Small Modular Reactors (SMR) eine wichtige Rolle. Ein Vertrag zum Bau eines ersten SMR auf dem Gelände des Kernkraftwerks Temelin bis 2032 wurde im September 2022 zwischen CEZ und dem Gouverneur der Region unterzeichnet. Zwei weitere SMR sollen an den Standorten Dětmarovice und Tušimice bis 2040 fertiggestellt werden. Aktuell sind dies Standorte, an denen Kohlekraftwerke betrieben werden. In Zukunft sollen SMR die Kohleverstromung ersetzen und so die Treibhausgasemissionen reduzieren. SMR an Kohlestandorten könnten in bestehende Infrastrukturen, wie z. B. Stromnetze und zentrale Fernwärmesysteme, eingebunden oder mit der Wasserstofferzeugung gekoppelt werden.

Im November 2023 billigte die tschechische Regierung einen Fahrplan des Ministeriums für Industrie und Handel, der einen Überblick über mögliche Standorte und Investitionsmodelle für den Einsatz von SMR, insbesondere an bestehenden Kohlestandorten, liefern soll. Der Fahrplan empfiehlt, den Prozess der Standortauswahl und -vorbereitung zu beschleunigen, damit der Bau erster SMR in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre beginnen kann.

Absichtserklärungen für den Bau von SMR hat Tschechien unter anderem mit Rolls-Royce (UK) und Holtec (USA) unterzeichnet, außerdem gibt es eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit dem kanadischen Stromversorger Ontario Power Generation (OPG) im Bereich Kernenergie, insbesondere SMR.

Forschungsreaktoren

In Řež in Mittelböhmen sind zwei Forschungsreaktoren seit 1957und 1982 in Betrieb: ein 10 Megawatt LVR-15, sowie ein 5 Kilowatt LR-0. An der Technischen Universität Prag werden zwei Forschungsreaktoren zu Schulungszwecken betrieben: der 5 Kilowatt VR-1 Sparrow wurde zuletzt durch den VR-2 ergänzt, der bis Frühjahr 2024 noch im Testbetrieb läuft.

(Stand: 01.02.2024)