(GRS-S-56) Fukushima Daiichi 11. März 2011 - Unfallablauf, Radiologische Folgen (5., überarbeitete Auflage)
Am 11. März 2011 ereignete sich vor der Ostküste der japanischen Hauptinsel Honshu das schwerste Erdbeben seit Beginn entsprechenderAufzeichnungen in Japan. Das Beben und vor allem der dadurch verursachte Tsunami verwüsteten weite Gebiete im Osten Japans und führten zu einer enormen Zahl an Opfern: Bis Mitte 2014 verzeichnet die offizielle Statistik rund 18.000 Todesopfer, mehr als 2.600 Menschen galten mit Stand März 2013 noch als vermisst. Schätzungen zufolge wurden rund eine Million Gebäude zerstört oder beschädigt. Am Kernkraftwerksstandort Fukushima Daiichi verursachten das Beben und der Tsunami den fast vollständigen Ausfall der Stromversorgung von vier der insgesamt sechs Reaktorblöcke. In der Folge kam es zu dem nach Tschernobyl schwersten Reaktorunfall. Vor allem in den ersten Tagen des Unfalls gelangten dabei erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre. Diese massiven Freisetzungen führten zu großflächigen Kontaminationen des Umlands. Rund 170.000 Menschen waren von Evakuierungen oder Empfehlungen zum Verlassen ihres Wohnorts betroffen. Die Höhe der Freisetzungen führte dazu, dass der Unfall auf der höchsten Stufe der International Nuclear and Radiological Event Scale (INES 7) eingeordnet wurde.
Der Unfall von Fukushima war und ist Gegenstand verschiedener Aktivitäten und Projekte der GRS. Mit ihrem Notfallzentrum wertete sie vom 11. März bis Anfang Juli 2011 verfügbare Informationen aus und erstellte im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) über 200 öffentlich verfügbare Lageberichte. Seit Mitte 2011 analysiert die GRS in mehreren vom BMUB und dem Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekten den Unfallhergang und erarbeitet eigene Simulationsrechnungen. Seit 2012 nimmt sie zudem als eine von mittlerweile weltweit zehn Fachorganisationen an einem Forschungsvorhaben der OECD/NEA teil, in dessen Rahmen das Ausmaß der Kernschäden in den Reaktoren 1 bis 3 simuliert wird (s. Kap. 4). Zusätzlich zu den projektbezogenen Arbeiten wurde eine sogenannte Weiterleitungsnachricht mit Empfehlungen für eine weitere Optimierung der Sicherheit deutscher Kernkraftwerke erarbeitet (s. Kap. 8).
Die vorliegende fünfte Auflage dieses Berichts bietet einen Überlick über den bis Anfang 2016 erreichten Kenntnisstand zu den Ursachen, dem Ablauf und den Folgen des Unfalls. Die Änderungen gegenüber der Vorauflage beziehen sich in erster Linie auf die Einbeziehung neuerer Erkenntnisse zu den radiologischen Folgen (s. Kap. 5) – hier vor allem zum Stand der Untersuchungen zu gesundheitlichen Folgewirkungen – sowie auf die Maßnahmen zur Bewältigung der Unfallfolgen am Standort (s. Kap. 6), wie die Behandlung und Lagerung kontaminierter Wässer und die andauernden Untersuchungen der betroffenen Reaktoren.