FENNECS: Neutronenphysikalisches Verhalten komplexer Reaktorkerne simulieren
Kleine Reaktormodule mit besonderen Kernkonfigurationen
SMR stellen geringere Anforderungen an den Standort und sind somit flexibler einsetzbar als herkömmliche Kernkraftwerke. So können SMR zur Versorgung entlegener Städte und Industrieanlagen mit Strom und Wärme eingesetzt werden. Manche dieser Konzepte werden in einigen Ländern bereits realisiert. Beispielprojekte hierfür sind das schwimmende russische Kleinkraftwerk Akademik Lomonossow, der in Bau befindliche CAREM-Reaktor in Argentinien und der ebenfalls in Bau befindliche ACP-100 in China. Andere sind in fortgeschrittenen Planungsphasen, darunter das SMR-Konzept von NuScale (USA), bei dem mehrere Reaktormodule in einem gemeinsamen Wasserbecken zur Notkühlung angeordnet sind.
Bei den kleineren Kerngeometrien der SMR können die für große Reaktorkerne entwickelten und etablierten Neutronenkinetik-Simulationsprogramme jedoch an ihre Grenzen stoßen. Noch deutlicher wird es bei den Mikroreaktoren, die z. B. beim Militär oder als Antriebe in der Raumfahrt vorgesehen sind. Ihre Reaktorkerne weisen gänzlich neue Geometrien und Anordnungen auf und werden mit alternativen Medien gekühlt (z. B. flüssiges Kalium). Ein Beispiel hierfür sind horizontale Anordnungen, die durch Wärmerohre („heat pipes“) gekühlt werden.
Mit der Entwicklung von FENNECS schafft die GRS Voraussetzungen, um das dreidimensionale Kernverhalten von SMR und vSMR sowohl im Betrieb als auch bei Störungen oder unter Störfallbedingungen sicherheitstechnisch und unabhängig beurteilen zu können.
Basis: Finite-Elemente-Methode
Bei FENNECS wird zur Lösung der Diffusionsgleichungen die Finite-Elemente-Methode (FEM) eingesetzt. Dabei wird der Kern in endlich viele Elemente aufgeteilt („räumlich diskretisiert“), die dank variabler Größe und Form gut an komplexe Kerngeometrien angepasst werden können. Anschließend werden das neutronenkinetische Verhalten jedes dieser Elemente sowie die Wechselwirkungen benachbarter Elemente berechnet.
Erhöhter Nutzen durch Weiterentwicklung
Innovative Kerngeometrien können auch bewegliche Komponenten enthalten, z. B. rotierende Steuerstabtrommeln. Um diese und andere zeitabhängige Effekte berücksichtigen zu können, wurde FENNECS entsprechend erweitert. Der Code ist mit dem Thermohydraulik-Code ATHLET (Teil des GRS-Programmsystems AC2 ) gekoppelt, so dass auch die Rückwirkung von Temperatureffekten auf die Neutronenkinetik erfasst wird. Außerdem entwickelt die GRS derzeit mit PEMTY (Python External Meshing Tool for Yaml input) ein separates Tool, das die Diskretisierung eines unregelmäßigen Kerns übernimmt, die als Input für FENNECS benötigt wird.
Erste erfolgreiche Anwendungen und Ausblick
Frühe Versionen von FENNECS wurden erfolgreich an zwei fortschrittlichen Reaktorkonzepten mit regulären Kerngeometrien getestet (anhand eines Code-zu-Code-Vergleichs für das natriumgekühlte Konzept ASTRID und im OECD/NEA-Benchmark für den gasgekühlten Hochtemperaturreaktor MHTGR). Die aktuelle Code-Version überzeugte u. a. in einem Forschungsvorhaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zum China Experimental Fast Reactor (CEFR). In einer weiteren Forschungsarbeit erfolgte die Simulation eines vom Argonne National Laboratory (USA) entwickelten Mikroreaktors. Aktuelle Arbeiten konzentrieren sich auf die Weiterentwicklung sowie die Verifikation und Validierung von FENNECS und PEMTY.