Hochradioaktive Abfälle im Tongestein-Endlager: Einschluss von Radionukliden prüfen und darstellen
Eines der beiden Endlagermodelle wird in etwa 700 Meter unter der Geländeoberkante in einer mächtigen Abfolge von Tongesteinen angenommen (s. Bild 1).
Für die Entwicklung dieses Endlagermodells wird unterstellt, dass Versatzmaterialien im Grubengebäude und Teile des Wirtsgesteins, die während der Konstruktion des Endlagers entsättigt wurden, also sozusagen ausgetrocknet sind, innerhalb einiger Jahrhunderte nach dem Verschluss des Endlagers durch Porenwasser aus dem Wirtsgestein wieder vollständig aufgesättigt werden.
Geotechnische Barriere bei Freisetzung der Radionuklide bereits funktionstüchtig
Bevor die eingelagerten Behälter aufgrund des Kontakts mit dem Porenwasser so stark korrodiert sind, dass Radionuklide freigesetzt werden können, hat sich die Auflockerungszone um das Grubengebäude wieder geschlossen und die geotechnischen Versatz- und Verschlusssysteme sind bereits funktionstüchtig. Der Ausfall der Behälter wird nach 5.500 Jahren unterstellt. In der Folge werden die Radionuklide mit spezifischen Raten aus den verschiedenen Abfalltypen (abgebrannte Brennelemente (BE), kompaktierte Metallteile (CSD-C, Strukturteile) und verglaste Abfälle (CSD-B, CSD-V)) mobilisiert und im Porenwasser gelöst.
Dabei ist in allen Fällen das Radionuklid I‑129 dominierend. Stärker sorbierende Radionuklide, insbesondere Aktinide, werden vollständig im Tongestein zurückgehalten.
Abgeschätzte zusätzliche effektive Dosis für Einzelpersonen darf höchstens im Bereich von 10 μSv/a liegen
Die Bewertung des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle im Endlagersystem erfolgt nach § 4 der Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV) für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle anhand des errechneten Anteils
- der jährlich bzw. im Bewertungszeitraum von 1 Million Jahren freigesetzten Masse (Indikatoren JAM bzw. GAM) sowie
- der jährlich bzw. im Bewertungszeitraum von 1 Million Jahren freigesetzten Anzahl der Atome (Indikatoren JAN bzw. GAN)
aller ursprünglich eingelagerten Radionuklide aus dem ewG.
Neben diesen vier Indikatoren wurden der radiologische Geringfügigkeitsindex (Indikator RGI), der sich an den Anforderungen für den vereinfachten Nachweis der Sicherheitsanforderungen von 2010 orientiert, sowie die jährliche effektive Dosis für Einzelpersonen (Indikator Deff) berechnet. Dieser Indikator gibt die potenzielle zusätzliche jährliche Strahlenexposition für eine Person an. Laut § 7 EndlSiAnfV darf für zu erwartende Entwicklungen die abgeschätzte zusätzliche effektive Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung höchstens im Bereich von 10 μSv/a liegen. Bis auf Deff stellen die Indikatoren normierte Größen dar. Zur besseren Vergleichbarkeit wird die errechnete effektive Dosis deshalb ebenfalls auf das Schutzziel normiert. Die Lage, für den die Indikatorwerte jeweils bestimmt wurden, ist in Bild 1 gekennzeichnet.
Sämtliche Indikatoren liegen im Bewertungszeitraum um Größenordnungen unter den spezifischen Grenzwerten
Die Analyse der zeitabhängigen Indikatoren hat gezeigt, dass der langsame diffusionsgesteuerte Transport im Tongestein dazu führt, dass das Maximum der Indikatorwerte im betrachteten Modell erst nach dem Ende des Nachweiszeitraums und die Maximalwerte im Nachweiszeitraum erst bei einer Million Jahre auftreten.
Tendenziell zeigen die Indikatoren alle ähnliche Ergebnisse und Zeitverläufe. Sie unterscheiden sich aber bezüglich des Abstands des maximalen Indikatorwerts zum jeweiligen Grenzwert der Endlagersicherheitsanforderungsverordnung. Sie liegen alle im Bewertungszeitraum um Größenordnungen unter den spezifischen Grenzwerten. Somit kann für den betrachteten Endlagertyp in einer mächtigen Tongesteinsformation der sichere Einschluss der Radionuklide grundsätzlich gezeigt werden.
Die Analyse zeigt aber auch, dass die auf den Grenzwert normierte jährliche effektive Dosis für Einzelpersonen (Deff) gegenüber den anderen Indikatoren durch die zusätzliche Transportzeit der Radionuklide im Tongestein zeitlich verschoben ist. Die Deff liegt daher im Bewertungszeitraum noch unter den Werten der anderen Indikatoren, übersteigt sie aber zu späteren Zeiten. Dies zeigt, dass der sichere Einschluss der Radionuklide im ewG nicht allein durch die Indikatoren JAM, GAM, GAN und JAN belegt werden kann.
Projekt-Highlights Endlagerung
Bei der Bewertung von Endlagersystemen in Kristallingestein ist die mögliche Klüftung des Gesteins eine anspruchsvolle Variable. Im Forschungsprojekt CHRISTA-II haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der GRS Modellierungen für ein solches System entwickelt und untersucht, welchen Einfluss verschiedene Parameter auf den unterirdischen Schadstofftransport im Laufe von Jahrtausenden haben können.
Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle muss sicher sein sowohl während der Bau- und Betriebsphase als auch in der Phase , wenn die Abfälle eingeschlossen und Strecken und Schächte verschlossen sind. Wie diese beiden Phasen miteinander zusammenhängen und sich beeinflussen, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der GRS und der BGE Technology GmbH gemeinsam untersucht.
Im Projekt RESUS haben die Forschenden den Fokus auf die zentralen Elemente der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen gelegt. Dabei geht es um die Frage, ob und gegebenenfalls welche Mengen an radioaktiven Stoffen über einen Zeitraum von bis zu einer Million Jahren aus dem Endlager austreten könnten.