
Die Rolle von Drohnen in der kerntechnischen Sicherheit und Sicherung – ein Überblick zu Nutzen und Risiken beim Einsatz der Technologie
Sei es als Spielzeugdrohne oder im professionellen Umfeld, beispielsweise zur Wartung von Industrieanlagen, in der Landwirtschaft oder bei der Verkehrsüberwachung: Bestimmte Arten von Drohnen sind aufgrund ihrer leichten Bedienbarkeit, ihres geringen Gewichtes und überschaubarer Anschaffungskosten in unserem Alltag immer präsenter.
Neben den vielen Vorteilen, die sich durch den Einsatz von Drohnen bieten, gerät auch deren Potenzial für missbräuchliche Nutzung stärker in den Blick – insbesondere was den Schutz kritischer Infrastrukturen angeht. Hierzu zählt neben der Energie- und Wasserversorgung oder der medizinischen Versorgung auch der Bereich der kerntechnischen Sicherheit und Sicherung. Der jüngste Angriff am ukrainischen Kernkraftwerksstandort Tschernobyl, wo durch eine russische Kampfdrohne die Schutzhülle um den alten Sarkophag beschädigt wurde, zeigt eine weitere – wenn auch auf Deutschland nicht unmittelbar übertragbare – Dimension des Einsatzes von Drohnen im kriegerischen Kontext.
Dieser Beitrag soll einen ersten Überblick ermöglichen und die Bandbreite des Themas Drohnen in der kerntechnischen Sicherheit und Sicherung darstellen. Das Thema tangiert naturgemäß sicherungsrelevante Aspekte, die dem Geheimschutz unterliegen, weshalb die Betrachtungstiefe in diesem Text keinesfalls erschöpfend sein kann.
Drohne ist nicht gleich Drohne – eine Begriffsklärung
Unter dem Begriff „Drohne“ werden üblicherweise unbemannte Luftfahrzeuge subsummiert, die ohne Piloten an Bord – also ferngesteuert oder programmiert – betrieben werden. Es gibt auch Landdrohnen (mobile Roboter) und Wasserdrohnen. In diesem Beitrag werden ausschließlich fliegende Systeme betrachtet.
Dabei kann hinsichtlich des Designs zwischen sogenannten Starrflügler-Drohnen und Drehflügler-Drohnen unterschieden werden. Starrflügler sind mit festen Flügeln ausgestattet, vergleichbar mit denen eines Flugzeugs, während Drehflügler ihren Auftrieb in der Regel mithilfe mehrerer Rotoren erzeugen, vergleichbar mit einem Hubschrauber. Mit den daraus resultierenden Flugeigenschaften gehen unterschiedliche Vorteile und Einsatzmöglichkeiten der Drohnen einher: Während Starrflügler höhere Geschwindigkeiten erreichen und längere Strecken zurücklegen können, können Drehflügler vertikal schweben, starten oder landen und sind flexibel, was die Änderung der Flugrichtung angeht.
Neben dem Design lassen sich Drohnen auch hinsichtlich ihrer Größe unterscheiden. Weit verbreitet sind beispielsweise sogenannte Mikrodrohnen, die aufgrund ihrer Kompaktheit und ihres geringen Gewichtes unter anderem für Videoaufnahmen genutzt werden. Drohnen, die für einen vorwiegend kommerziellen Einsatz konzipiert sind, wie in der Landwirtschaft oder für den Transport von Gütern, können auch größere Nutzlasten von bis zu mehreren hundert Kilogramm tragen. Außerdem gibt es Drohnen, die militärisch genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist häufig die Rede von Kampfdrohnen oder Aufklärungsdrohnen.
Es ist davon auszugehen, dass die Fähigkeiten von Drohnen und deren Einsatzmöglichkeiten sich in den kommenden Jahren kontinuierlich weiterentwickeln werden – entsprechend wird der regulatorische Rahmen für deren Nutzung fortgeschrieben. Maßgeblich hierbei sind regulatorische Vorgaben auf europäischer Ebene, die in Form von Verordnungen in nationales Recht überführt werden. Das Luftfahrtbundesamt, als zuständige Bundesoberbehörde, gibt einen Überblick zu den Regulatorien. Darin ist zum Beispiel festgelegt, welche Abstandsregelungen für Krankenhäuser, Flughäfen oder Kraftwerke gelten und welche Voraussetzungen für das Steuern verschiedener Kategorien von Drohnen erfüllt sein müssen.
Einsatzmöglichkeiten von Drohnen im kerntechnischen Bereich
Drohnen können auch in der kerntechnischen Sicherheit und Sicherung vielseitig eingesetzt werden. Mit hochauflösenden Kameras und Sensoren ausgestattet, liefern sie beispielsweise detaillierte Bilder und Daten und können zu Überwachungs- und Inspektionszwecken eingesetzt werden. Auch an schwer zugänglichen Orten oder bei erhöhter Strahlenbelastung wie im Falle der verunglückten Reaktoren im japanischen Kernkraftwerk Fukushima oder generell beim Abbau von Kernkraftwerken sind sie aufgrund ihrer Größe und Manövrierfähigkeit in vielen Fällen ein probates Werkzeug – insbesondere auch wenn es darum geht, Strahlenbelastung für das Personal zu vermeiden. Im akuten Ereignisfall, wenn eine schnelle Bewertung und Analyse der Situation gefordert sind oder es um die radiologische Überwachung großer Gebiete geht, sind sie ein hilfreiches Instrument. So lassen sich Drohnen beispielsweise mit dafür geeigneter Instrumentierung für Radioaktivitätsmessungen und für die Überwachung aus der Luft ausstatten.
Risiken für die Sicherheit und Sicherung kerntechnischer Anlagen
Neben den vielen Vorteilen, die sich aufgrund ihrer oben beschriebenen Einsatzmöglichkeiten bieten, gehen mit dem Einsatz von Drohnen auch gewisse Risiken einher. So werden beispielsweise zunehmend vermutliche Aufklärungsdrohnen über Anlagen der kritischen Infrastruktur beobachtet. Im Sommer 2024 wurde medial etwa von mutmaßlichen Überflügen über einen Industriepark in Brunsbüttel nahe dem dortigen stillgelegten Kernkraftwerk berichtet.
Blickt man über Deutschland hinaus, spielen Drohnen auch in militärischen Konflikten wie beispielsweise dem Krieg in der Ukraine eine Rolle. Neben dem bereits eingangs erwähnten Drohnenangriff auf die Schutzhülle des Kernkraftwerks Tschernobyl wird sowohl von Kriegsparteien als auch von Beobachtern immer wieder von Überflügen mit sogenannten Kampfdrohnen über ukrainische Kernkraftwerke berichtet und von Angriffen mithilfe von Drohnen auf die kritische Infrastruktur, wie zum Beispiel auf Trafostationen und auf Anlagen auf dem Gelände des Kernkraftwerks Saporischschja.

Drohnen und Cybersicherheit
Die Cybersicherheit und der Schutz vor Cyberangriffen stellen einen weiteren wichtigen Aspekt bei der Nutzung von Drohnen im Bereich der kerntechnischen Sicherheit und Sicherung dar. Als besonders verletzliche Komponente gilt das Funksignal zwischen Drohne und (Fern-)Bedienung. Cyberkriminelle, die das Signal hacken, können so nicht nur die Funktion einer Drohne beeinträchtigen, sondern gegebenenfalls auch die Steuerung der Drohne übernehmen und so auch ihren eigentlichen Einsatzzweck/-ort manipulieren. Insbesondere Betreiber von Drohnen sind hier in der Pflicht, für entsprechenden Schutz vor solchen Angriffen zu sorgen. Dies umfasst auch die Schulung des Personals und die regelmäßige Wartung der Drohnen.
Bewertung der Situation in Deutschland und Aufgaben der GRS
Die GRS verfolgt und bewertet im Auftrag des Bundesumweltministeriums den Stand der technischen Entwicklungen zum Thema Drohnen und unterstützt das Bundesumweltministerium in einschlägigen Bund-Länder- und Ressort-Arbeitskreisen, wie beispielsweise der Arbeitsgruppe Detektion von Drohnen und Abwehr von unkooperativen Drohnen.
Zentrale Fragen sind hierbei, wie Drohnen im Hinblick auf die Sicherung kerntechnischer Anlagen genutzt werden können und wie unerwünschte Einsätze erschwert, erkannt und gegebenenfalls abgewehrt werden können.
GRS-Kolleginnen und -Kollegen befassen sich im Rahmen ihrer Arbeiten mit verschiedenen Arten und Einsatzmöglichkeiten von Drohnen, verbunden mit der Frage, welche Bedrohungen daraus erwachsen können. Welche Vorkehrungen für die Sicherung der kerntechnischen Anlagen in Deutschland dann letztendlich der Verantwortung des Genehmigungsinhabers zugeordnet werden und welche Szenarien den Schutzmaßnahmen des Staates unterliegen (§§ 44 ff. AtG), wird von den zuständigen Behörden auf Bundes- und Länderebene festgelegt und unterliegt dem Geheimschutz.