Small Modular Reactors (SMR): Kernkraftwerke im Kleinformat
Was ist ein SMR?
Nach der heute gängigen Definition steht die Abkürzung SMR für Small Modular Reactor, also kleine modulare Reaktoren. „Klein“ bezieht sich in diesem Zusammenhang üblicherweise auf eine elektrische Leistung von bis zu 300 Megawatt (MWe). Reaktoren mit einer Leistung von ca. 1 bis 10 MWe werden dabei auch als Mikroreaktoren (Micro Modular Reactors, MMR) bezeichnet.
Der modulare Charakter der Anlagen kommt dadurch zum Ausdruck, dass die wesentlichen Komponenten eines Primärkreises – also insbesondere der Reaktordruckbehälter und der daran anschließende Kühlkreislauf – alle in einem einzigen Modul enthalten sein sollen. Dahinter steckt neben der Transportfähigkeit die Idee, mit einem solchen Modul die wesentlichen Teile eines Kraftwerks in einer Fabrik vorzufertigen und die Arbeiten auf der Baustelle so zu minimieren. Einzelne Module mit geringer Leistung sollen dann bei Bedarf zu einem größeren Kraftwerk zusammengeschlossen werden können. Auf Seiten der Hersteller erhofft man sich, dass durch eine standardisierte Serienfertigung Herstellungskosten, Genehmigungsrisiken und Bauzeiten längerfristig reduziert werden.
Früher war noch eine andere Definition in Fachkreisen gebräuchlich. So fasste die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO unter dem Begriff Small and Medium Sized Reactors Reaktoren kleiner und mittlerer Größe zusammen. Als „klein“ wurden dabei Reaktoren mit einer Leistung bis zu 300 und als „mittel“ solche mit Leistungen zwischen 300 und 700 MWe bezeichnet. Heutzutage wird aber fast ausschließlich die erstgenannte Definition von SMR als kleine modulare Reaktoren verwendet. Die Zuordnung von Anlagen mit einer elektrischen Leistung zwischen der Obergrenze von 300 MWe (nach neuerer Definition) und konventionellen Kernkraftwerken, zu denen die IAEO solche mit einer elektrischen Leistung ab ca. 700 MWe aufwärts zählt, ist danach nicht eindeutig.
Welche SMR-Konzepte existieren derzeit?
Gegenwärtig existieren nach Angaben der Nuclear Energy Agency (NEA) der OECD weltweit 127 Konzepte für Reaktoren (Stand November 2025), die nach heutiger Lesart als SMR eingeordnet werden. Einige wenige davon wurden bereits realisiert beziehungsweise sind im Bau (siehe Abschnitt „Stand der Realisierung“), die Mehrzahl befindet sich in unterschiedlichsten Phasen der Konzeption beziehungsweise konkreterer Planungen: So sind laut SMR-Dashboard der OECD/NEA von den 127 SMR-Konzepten 51 in Vorlizenzierungs- oder Lizenzierungsprozessen, 25 werden derzeit nicht aktiv weiterverfolgt.
Bei dem größten Teil der Konzepte, die einer Realisierung vergleichsweise nahe beziehungsweise schon gebaut worden sind, handelt es sich um sogenannte Leichtwasserreaktoren – also der Technologie, die auch in der überwiegenden Zahl der herkömmlichen Kernkraftwerke eingesetzt wird.
Beispiele für diese SMR-Konzepte sind etwa das schwimmende Kernkraftwerk Akademik Lomonossow, das seit Mai 2020 die entlegene Hafenstadt Pewek in Sibirien sowie angrenzende Bergwerke mit Strom und Wärme versorgt, und der seit 2014 im Bau befindliche CAREM (Argentinien).
Auch kleine Leichtwasserreaktoren, von denen einige bereits seit Jahrzehnten in Eisbrechern, U-Booten oder auf Flugzeugträgern zum Einsatz kommen, werden teilweise als SMR aufgeführt. Allein auf die elektrische Leistung bezogen, könnte dann allerdings auch der Großteil der schwerwassergekühlten Reaktoren in Indien (200 MWe) oder die drei bis Ende 2025 am russischen Kernkraftwerk Bilibino betriebenen Reaktoren (12 MWe) als SMR eingeordnet werden; die Grenze zu Reaktoren wie den sowjetischen WWER-440 (440 MWe) oder Qinshan-1 (330 MWe) in China wäre bei diesem Verständnis fließend.
Neben diesen Leichtwasser-SMR-Konzepten beruhen zahlreiche weitere Konzepte hingegen auf Reaktortechnologien, bei denen auf andere Kühlmittel und/oder Moderatoren als Wasser gesetzt wird und die sich hinsichtlich ihrer Reaktorphysik teils deutlich von Leichtwasserreaktoren unterscheiden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Teilweise soll durch andere Technologien ein Sicherheitsgewinn gegenüber Leichtwasserreaktoren erzielt werden; bei einer Reihe von Konzepten sollen neben beziehungsweise anstelle der Stromerzeugung weitere Anwendungen wie die Auskopplung von Prozessdampf oder Prozesswärme für industrielle Anwendungen, die Nutzung von Transmutation zur Reduzierung radioaktiver Abfälle, die Erbrütung von Brennstoff oder die Verbrennung waffenfähigen Spaltmaterials ermöglicht werden.
Entsprechende Konzepte werden teilweise auch als Advanced Modular Reactors, also sinngemäß übersetzt als „fortgeschrittene“ beziehungsweise „neuartige“ Reaktoren, bezeichnet und der sogenannten „vierten Generation“ von Reaktoren zugerechnet. Eine Reihe der so eingeordneten SMR-Konzepte beruht allerdings auf Technologien, die schon vor Jahrzehnten erdacht und teilweise auch in Prototyp-Reaktoren verwirklicht wurden, ohne jedoch Marktreife zu erlangen beziehungsweise größere Verbreitung zu finden. Beispiele hierfür sind etwa Hochtemperatur- und Brutreaktoren, die unter anderem mit dem THTR-300 in Hamm und dem SNR-300 in Kalkar auch in Deutschland gebaut wurden.
Die IAEO kategorisiert in ihrem Advanced Reactor Information System neue Reaktorkonzepte einschließlich SMR hinsichtlich des eingesetzten Kühlmittels und Moderators. Allerdings wird diese Unterteilung nicht allen Besonderheiten von SMR beziehungsweise neuen Reaktorkonzepten insgesamt gerecht – Entwicklungen und Besonderheiten von Thorium- oder Hochtemperaturreaktoren werden beispielsweise nicht berücksichtigt. Nichtsdestotrotz bietet sich vor allem eine Unterteilung anhand des Kühlmittels an:
- Leichtwassermoderierte und -gekühlte SMR-Konzepte: Diese Art von SMR ist sicherlich am längsten im Einsatz und am weitesten verbreitet. Man unterscheidet hierbei zwischen Siedewasser- und Druckwasserreaktoren.
- Schwerwassermoderierte und -gekühlte SMR-Konzepte: Sogenanntes schweres Wasser enthält anstatt normaler Wasserstoffatome das Wasserstoffisotop Deuterium und absorbiert deshalb weniger Neutronen als normales Wasser. Dadurch stehen mehr moderierte Neutronen für die Kernspaltung zur Verfügung. Statt angereichertem Uran könnte daher in schwerwassermoderierten SMR auch Natururan als Brennstoff eingesetzt werden. Die oben bereits erwähnten CANDU-ähnlichen indischen Reaktoren lassen sich hier als Beispiel aufführen. Die Verwendung von schwerem Wasser in SMR ermöglicht potenziell auch die Nutzung von Thorium, aus dem dann während des Betriebs spaltbares Uran erbrütet wird.
- Gasgekühlte SMR-Konzepte: Gasgekühlte SMR-Konzepte setzen auf die Verwendung von Gasen, wie zum Beispiel Helium oder Kohlendioxid, als Kühlmittel. Sie erreichen im Vergleich zu anderen SMR-Typen wesentlich höhere Kühlmitteltemperaturen (bis zu 1.000 Grad Celsius (°C)) und sollen daher zur Erzeugung von Prozesswärme in der chemischen oder petrochemischen Industrie eingesetzt werden können. Niedertemperaturprozesse, zum Beispiel zur Fernwärmenutzung, könnten bei diesen Konzepten nachgeschaltet werden. Am chinesischen Kernkraftwerk Shidaowan werden seit Dezember 2023 zwei gasgekühlte Hochtemperaturreaktor-Module mit einer Leistung von je 250 MWe betrieben. Zwei weitere modulare Reaktorblöcke mit jeweils sechs modularen Einheiten à 100 MWe werden unbestätigten Meldungen zufolge seit Juni bzw. August 2024 am Standort Xinan gebaut.
- Flüssigmetallgekühlte SMR-Konzepte: In SMR-Konzepten mit Flüssigmetallkühlung sollen als Kühlmittel Blei, Blei-Bismut oder Natrium eingesetzt werden. Die Metalle zeichnen sich durch eine hohe Siedetemperatur und eine hohe Wärmekapazität aus. Als Brennstoff soll Uran in Verbindung mit Plutonium oder anderen Transuranen genutzt werden. Um zu verhindern, dass kontaminiertes Primärkühlmittel mit dem Wasser-Dampfkreislauf reagiert, sehen diese Konzepte meist einen Zwischenkreislauf vor. Die Kernaustrittstemperaturen sollen bei etwa 750 °C liegen. Dampf und Wärme ließen sich dann in einem Temperaturbereich von 500 bis 700 °C für weitere Zwecke auskoppeln. In Russland wird mit dem BREST-300 derzeit ein bleigekühlter SMR gebaut. Die Inbetriebnahme ist für 2026 geplant.
- Salzschmelze-SMR-Konzepte: Weitere SMR-Konzepte sehen schließlich Salzschmelzen sowohl als Kühlmittel als auch als Träger des Brennstoffs vor. Man geht davon aus, dass die bisher erprobten Schmelzen bis zu Temperaturen von 1.400 °C stabil sind. Durch die Wärmetransporteigenschaften der Salzschmelzen sollen die Reaktoren bei gleicher Leistung im Vergleich zu gasgekühlten Reaktoren mit deutlich kleineren Abmessungen gebaut werden können. Die hohen Betriebstemperaturen sollen hohe Wirkungsgrade sowie die Wärmeauskopplung für industrielle Hochtemperaturprozesse ermöglichen. In China wird derzeit ein experimenteller Thorium-Flüssigsalz-Reaktor betrieben. Medienberichten zufolge soll darauf aufbauend der Bau eines kommerziellen 10-MWe-Reaktors bis zum Ende dieses Jahrzehnts folgen.
Werden SMR bereits betrieben oder gebaut?
Als in Betrieb befindliche SMR nach heutigem Verständnis werden üblicherweise die beiden in der vorstehenden Übersicht genannten Anlagen HTR-PM (China, kommerziell in Betrieb seit 2023) und die Akademik Lomonossow (Russland, 2020) aufgeführt. Die OECD/NEA gibt in ihrem SMR-Dashboard noch eine dritte Anlage an: den Hochtemperaturreaktor High Temperature Engineering Test Reactor im japanischen Oarai, rund 100 Kilometer nördlich von Tokio. Die Anlage mit einer thermischen Leistung von 30 MW erreichte bereits 1998 erstmalig Kritikalität.
Daneben sind laut Angaben der World Nuclear Association derzeit fünf SMR im Bau:
- der argentinische CAREM-25 (nördlicher Teil der Provinz Buenos Aires),
- der chinesische ACP100 (Standort Changjiang auf der Inselprovinz Hainan),
- der russische RITM-200S („schwimmendes KKW“ im Autonomen Gebiet Tschukotka),
- der russische BREST-300 (bleigekühlter Schneller Brüter in der geschlossenen Stadt Pewek) sowie
- der US-amerikanische Flüssigsalzreaktor Hermes von Kairos Power (Demonstrationsanlage, Oak Ridge, Tennessee).
Die OECD/NEA führt das schwimmende Kernkraftwerk in Tschukotka nicht als „im Bau befindlich“ auf. Diese Diskrepanz wird wohl darin begründet sein, dass das Schiff sowie die Reaktoren zwar schon im Bau sind (beim RITM-200S handelt es sich um Reaktoren, wie sie vor allem für die russische Eisbrecherflotte gebaut werden und auch schon zum Einsatz kommen), am Standort selbst aber noch keine Bauarbeiten stattfinden. Da, wie bei der Akademik Lomonossow in Pewek, kein klassisches Kernkraftwerk gebaut wird, muss hier auch „nur“ die Infrastruktur geschaffen werden, um die Reaktoren später anzuschließen.
Werden SMR größere Verbreitung finden?
Ob SMR zukünftig in einem deutlich größeren Umfang gebaut und in Betrieb genommen werden, ist gegenwärtig schwer einzuschätzen.
Neben den technischen und regulatorischen Herausforderungen, die vor allem bei SMR-Konzepten bestehen, die nicht auf der Leichtwasserreaktor-Technologie beruhen, sprechen derzeit auch wirtschaftliche Erwägungen eher gegen eine weite Verbreitung von SMR. Dies beruht unter anderem darauf, dass die Kosten der Stromerzeugung bezogen auf dieselbe Strommenge in einem großen Kernkraftwerk niedriger sind als in einer kleineren Anlage. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die erhofften Kostenreduzierungen durch eine Serienherstellung erst bei höheren Stückzahlen erreicht werden könnten, die ihrerseits auch regulatorischer Standardisierungen bedürfte. Unzureichende Wirtschaftlichkeit hat in jüngerer Zeit dazu geführt, dass beispielsweise ein in den USA geplantes Neubauprojekt des Herstellers NuScale Ende 2023 beendet wurde. Auch NUWARD, ein Tochterunternehmen des französischen Versorgers EdF, hat im Frühjahr 2024 sein über vier Jahre entwickeltes SMR-Konzept nach Gesprächen mit potenziellen Kunden verworfen, da aus technischen Gründen die von diesen erwarteten Erzeugungskosten mit dem Konzept voraussichtlich nicht zu erreichen seien. Anfang 2025 kündigte NUWARD an, bis Mitte 2026 ein überarbeitetes Konzept fertigzustellen.
Demgegenüber ist jedoch auch festzustellen, dass die Entwicklung und der spätere Einsatz von SMR in einer Reihe von Staaten sowohl politisch als auch finanziell stark gefördert wird. Dies betrifft zum einen Länder wie USA, Russland und China, die einen erheblichen Anteil der entwickelnden Unternehmen beheimaten und im Hinblick auf ihre eigene Stromversorgung in großem Umfang auf Kernenergie setzen. In Europa ist neben Frankreich vor allem das Vereinigte Königreich zu nennen: Hier sollen in Wales die ersten drei SMR errichtet und durch das staatliche Unternehmen Great British Energy – Nuclear betrieben werden. In einem mehrstufigen Wettbewerb setzte sich der britische Hersteller Rolls-Royce als „preferred bidder“ durch; für den Bau des ersten SMR hat die britische Regierung bereits die Bereitstellung von insgesamt ca. 2,5 Milliarden Britische Pfund (ca. 3 Milliarden Euro) angekündigt. In einigen mittel- und osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Tschechien werden ebenfalls Planungen zum Einsatz von SMR vorangetrieben; teilweise wurden hier schon konkrete Standorte ausgewählt und regulatorische Prüfungen in Gang gesetzt. Schließlich hat auch die Europäische Kommission mit der European Industrial Alliance on Small Modular Reactors eine Initiative gestartet, die auf eine Beschleunigung der Entwicklung und des Einsatzes von SMR in Europa abzielt.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass bestimmte Anwendungsmöglichkeiten einer CO2-armen Versorgung durch SMR aus der Perspektive potenzieller Anwender möglicherweise wirtschaftliche Nachteile aufwiegen könnten. Für Schlagzeilen sorgten beispielsweise im Oktober 2024 die Ankündigungen von Amazon und Google, in die Entwicklung und den Bau von SMR zu investieren, um eine sowohl stabile beziehungsweise autarke als auch möglichst klimaschonende Stromversorgung ihrer Rechenzentren zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen SMR in Ländern wie den USA und Polen zum sogenannten Repowering eingesetzt werden. Dabei geht es darum, die Standorte alter Kohlekraftwerke mit ihrer Netzanbindung durch die Ersetzung mit SMR vergleichbarer Leistung weiterhin zu nutzen. In Ländern wie Russland und Kanada steht schließlich auch die Versorgung entlegener Regionen beziehungsweise Industriestandorte im Fokus, die über keine oder eine nur unzureichende Anbindung an das Landesnetz verfügen.
Wie sicher sind SMR?
Wie bei herkömmlichen Kernkraftwerken lassen sich auch bei SMR kaum pauschale Urteile über deren Sicherheit treffen – nicht zuletzt aufgrund der teils erheblichen technischen beziehungsweise konzeptionellen Unterschiede, die zwischen einzelnen SMR-Konzepten bestehen. Für ein einzelnes Konzept lässt sich zwar grundsätzlich beurteilen, ob es in seiner sicherheitstechnischen Auslegung plausibel ist und anerkannten Prinzipien entspricht; belastbare Aussagen darüber, ob eine konkrete Anlage an einem konkreten Standort alle regulatorischen Anforderungen erfüllen und insofern als „sicher“ gelten kann, sind hingegen allein auf Basis von Konzepten nicht möglich. Dafür sind detaillierte Informationen erforderlich, wie sie in den wenigen Genehmigungsverfahren vorzulegen waren, die bislang für SMR durchgeführt werden – etwa zur konkreten technischen Umsetzung, zu den Eigenschaften sicherheitsrelevanter Komponenten und Werkstoffe sowie zu standortspezifischen Faktoren wie seismischen Risiken oder möglichen Überflutungen.
Potenzielle Vorteile gegenüber großen Kernkraftwerken
Allen SMR ist gemeinsam, dass sie aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Leistung pro Block beziehungsweise Modul ein deutlich kleineres Inventar an Kernbrennstoff enthalten als große Kernkraftwerke. Dementsprechend geringer ist die Menge an Radioaktivität, die bei einem unterstellten schweren Unfall in die Umwelt gelangen könnte. Dabei geht es nicht nur um die Menge, sondern auch um die Art der Radionuklide, die unterschiedliche Gefährdungspotenziale aufweisen. Das vergleichsweise geringere Gefährdungspotenzial eines einzelnen SMR präsentieren entwickelnde Unternehmen als einen zentralen Sicherheitsvorteil. Hier bleibt allerdings zu berücksichtigen, dass sich dieser potenzielle Vorteil nur auf den Vergleich einzelner Anlagen bezieht.
Darüber hinaus setzen viele Konzepte auf sogenannte passive Sicherheitssysteme. So gibt es etwa Systeme, die für ihre Aktivierung und ihren Betrieb weder elektrische Energie noch aktive Handlungen des Betriebspersonals benötigen, sondern beispielsweise durch Schwerkraft, natürliche Konvektion oder Verdampfung funktionieren. Durch den Einsatz entsprechender Systeme soll etwa die Kühlung des Reaktors auch ohne elektrisch betriebene Pumpen möglich sein. In bestimmten SMR-Konzepten sollen passive Systeme auch eine automatische Abschaltung ermöglichen, ohne dass externe Stromversorgung oder menschliche Eingriffe erforderlich sind. Solche Ansätze sind nicht völlig neu – passive Sicherheitsfunktionen kommen auch bei einigen herkömmlichen Kernkraftwerken zum Einsatz –, sollen aber bei SMR eine noch größere Rolle spielen.
Bei einigen neuartigen Konzepten, die nicht auf der Technologie der Leichtwasserreaktoren basieren, sollen schließlich bestimmte Unfallszenarien quasi naturgesetzlich ausgeschlossen sein. Studien legen beispielsweise nahe, dass beim chinesischen Hochtemperaturreaktor HTR-PM eine Kernschmelze nicht auftreten kann.
Neue sicherheitstechnische Herausforderungen
Diesen potenziellen Vorteilen stehen jedoch je nach Konzept, Nutzung oder Standort auch neue sicherheitstechnische Herausforderungen gegenüber. So ist bei Multi-Modul-Anlagen, die mehrere Reaktormodule in einer Anlage zusammenfassen, besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass gemeinsam genutzte Systeme, wie etwa eine zentrale Leitwarte, nicht das Risiko sogenannter Common-Cause-Fehler erhöhen. Damit ist gemeint, dass mehrere Systeme gleichzeitig ausfallen können, wenn sie von derselben Ursache betroffen sind, etwa durch einen Softwarefehler oder das Versagen einer technischen Komponente. Zudem ist zu berücksichtigen, dass interne oder externe Ereignisse – also beispielsweise Brände in Anlagen, Erdbeben oder Überflutungen – mehrere Module gleichzeitig betreffen könnten.
Auch die geplante Kopplung von SMR mit anderen Anwendungen wie der Erzeugung von Wasserstoff, der Wärmeversorgung oder der Meerwasserentsalzung bergen das Potenzial zusätzlicher Risiken, die bei der Auslegung und der Bewertung der Sicherheit in den Blick zu nehmen sind. Hierzu zählen mögliche chemische Einflüsse auf Komponenten, Querkontaminationen oder die Gefahr von Explosionen nach Freisetzung von Wasserstoff. Bei einem Anschluss an ein (Fern)Wärmenetz könnten sich Störungen im Wärmeabnehmer ebenfalls auf den sicheren Betrieb auswirken, sofern nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen sind.
Weitere sicherheitsrelevante Aspekte können sich daraus ergeben, dass SMR unter anderem auch an besonderen Standorten errichtet werden sollen. Dies betrifft vor allem den in manchen Ländern angestrebten Einsatz in entlegenen Regionen: Hier wäre zu berücksichtigen, dass externe Hilfskräfte unter Umständen erst deutlich später verfügbar sein könnten, als dies bei herkömmlichen Kernkraftwerksstandorten der Fall ist, sodass ein höherer Grad an Autarkie erforderlich sein kann. Bei einer Errichtung im Untergrund, wie sie für einige Konzepte ebenfalls vorgesehen ist, stellen sich zusätzliche Fragen im Hinblick auf Wartung, Instandsetzung und die Erreichbarkeit in Stör- oder Unfallszenarien.
Schließlich werfen einige der neuartigen Konzepte durch den Einsatz neuer Materialien auch neuartige Fragestellungen im Hinblick auf die Sicherheit auf. So muss beispielsweise bei natriumgekühlten SMR sichergestellt sein, dass das metallische Natrium nicht mit Sauerstoff in Kontakt kommt, da es sich andernfalls leicht entzünden kann. Auch die stark korrosive Wirkung von Salzschmelzen stellt besondere Anforderungen an die Materialauswahl für sicherheitsrelevante Komponenten. Zwar gibt es für diese Technologie bereits praktische Erfahrungen – in Russland sind derzeit zwei natriumgekühlte Reaktoren in Betrieb –, dennoch ist die Betriebserfahrung im Vergleich zu klassischen Leichtwasserreaktoren insgesamt sehr gering. Viele sicherheitstechnische Verbesserungen bei bestehenden (Leichtwasser)Reaktoren beruhen auf der Auswertung realer Ereignisse; entsprechende Erfahrungswerte fehlen naturgemäß für die meisten neuartigen SMR-Konzepte.
Für viele neuartige Konzepte besteht zudem noch Forschungsbedarf. Dazu gehören die Weiterentwicklung und Validierung von Simulationswerkzeugen zur Sicherheitsbewertung sowie experimentelle Untersuchungen. Auch regulatorische Vorgaben müssen teilweise erst noch angepasst oder neu entwickelt werden.
Arbeiten der GRS zu SMR
Im Rahmen ihrer Forschungs- und Sachverständigentätigkeit befasst sich die GRS mit verschiedensten Themen und Fragestellungen zur Sicherheit von SMR. Die Bandbreite reicht dabei von der Entwicklung von Methoden für sogenannte Probabilistische Sicherheitsanalysen für SMR über Sicherheitsbewertungen von passiven Systemen, wie sie in SMR und MMR zum Einsatz kommen sollen, bis hin zu Analysen im Hinblick auf die Sicherung und die IT-Sicherheit von SMR-Konzepten. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die (Weiter)Entwicklung von Simulationsprogrammen, die für Sicherheitsbewertungen unverzichtbar sind. Dies betrifft beispielsweise umfangreiche Anpassungen des GRS-Programmpakets AC2, mit dem sich das thermohydraulische Verhalten im Kühlkreislauf einer Anlage im direkten Zusammenspiel mit den Effekten im Sicherheitsbehälter während des Betriebs, bei Störungen sowie bei Stör- und Unfällen simulieren lässt, sowie die Entwicklung eines Programms für die Untersuchung von SMR-Reaktorkernen, die sich teilweise erheblich von denen herkömmlicher Kernkraftwerke unterscheiden.
(Stand: Dezember 2025)